Das Bundesarbeitsgericht hat vor wenigen Tagen ein Urteil erlassen, das im Bereich der Überstunden für Furore sorgen dürfte. Es ist in vielen Unternehmen üblich, dass Mitarbeiter ohne jegliche Vergütung Mehrstunden leisten müssen. Dies könnte jetzt bald der Vergangenheit angehören.

Überstunden in großem Umfang

Ein Mitarbeiter in einer Spedition war als Lagerleiter angestellt. In seinem Arbeitsvertrag wurde eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Wochenstunden vereinbart. Hierfür sollte er eine Entlohnung in Höhe von 1.800 Euro brutto pro Monat erhalten. Zusätzlich hielt der Arbeitsvertrag fest, dass der Arbeitnehmer verpflichtet sei, jederzeit bei betrieblichem Erfordernis Mehrstunden zu leisten. Eine Vergütung wurde hierfür ausgeschlossen.

Nachdem das Arbeitsverhältnis beendet wurde, forderte der Arbeitnehmer von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Zahlung einer Vergütung für insgesamt 968 Überstunden, die er während der Jahre 2006 bis 2008 geleistet hatte. Der Fall landete vor dem Arbeitsgericht. Die Richter waren sich offenbar uneins, denn das Arbeitsgericht wies die Klage ab, während das Landesarbeitsgericht stattgab. Schließlich wurde das Bundesarbeitsgericht eingeschaltet.

Intransparenter Arbeitsvertrag

Das Bundesarbeitsgericht sah den Fall wieder anders als das LAG. Es stellte fest, dass der Arbeitsvertrag, der eine Mehrstundenvergütung völlig ausschloss, intransparent war. Der entsprechende Passus sei daher als unwirksam anzusehen. Da weder eine Vergütung festgelegt, noch die Zahl der zu leistenden Mehrstunden genauer definiert war, war es für den Arbeitnehmer nicht möglich zu erkennen, wie viel er tatsächlich zu arbeiten habe, um sich seine vereinbarte Bruttovergütung zu verdienen. Er konnte anfänglich nicht erkennen, wie sich dies entwickeln würde. Die Richter stellten fest, dass von dem Mitarbeiter Überstunden nur gegen eine entsprechende Vergütung erwartet werden konnten, da sich das Bruttoentgelt nicht in einem herausgehobenen Bereich bewegt. Daher gab das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitnehmer Recht und stellte fest, dass der Arbeitgeber zur Zahlung einer Mehrstundenvergütung verpflichtet ist – auch nachträglich (Urteil vom 22. Februar 2012, 5 AZR 765/10).

Allgemeine Ableitungen

Aus diesem Urteil lässt sich allgemein ableiten, dass der Arbeitgeber immer dann zur Zahlung einer Mehrstundenvergütung verpflichtet ist, wenn man den Umständen nach davon ausgehen kann, dass Überstunden nur gegen eine entsprechende Vergütung geleistet werden müssen. Davon kann man ausgehen, wenn der Arbeitnehmer nicht in der glücklichen Lage ist, ein herausgehobenes Entgelt zu beziehen.

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