In den letzten Jahren gab es gleich mehrere maßgebliche Entscheidungen zum Verfall des Urlaubsanspruchs von Arbeitnehmern. Unter anderem hat der EuGH entschieden, dass der Urlaub nicht ohne weiteres verfällt, wenn der Arbeitnehmer wegen einer fortwährenden Erkrankung daran gehindert wurde, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. Erst vor wenigen Tagen erging ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, demzufolge der Verfall von tariflichem Mehrurlaub durchaus gerechtfertigt sein kann.

Der Fall

Ein 62-jähriger Angestellter, der seit 1974 bei einer Stadt arbeitete, klagte gegen die Entscheidung seines Arbeitgebers, ihm seinen tariflichen Mehrurlaub aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit nicht zu gewähren. Der Arbeitnehmer war vom 23. Juni 2007 bis 7. Oktober 2009 arbeitsunfähig. Gemäß TVöD standen ihm 30 Arbeitstage Urlaub zu. Die zehn Arbeitstage Urlaub, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, konnte der Arbeitnehmer aufgrund der Erkrankung in den Jahren 2007 und 2008 nicht nutzen. Er verklagte daher seinen Arbeitgeber darauf, ihm 20 Tage Ersatzurlaub zu gewähren

Verlängerung der Übertragungsfrist

Der TVöD sieht bezüglich des Verfalls von Urlaubsansprüchen eine vom gesetzlichen Standard abweichende Regelung vor. Demzufolge verfällt der Urlaub nach TVöD nicht bereits am 31. März des Folgejahres, wie im Bundesurlaubsgesetz verankert, sondern erst am 31. Mai des Folgejahres (§ 26 Abs. 2 a TVöD). Der Arbeitnehmer berief sich auf die Regelung des EuGH, durch den der Urlaubsanspruch bei einer fortdauernden Erkrankung nicht am 31. März verfällt und bezog diese auf die verlängerte Frist des TVöD.

Urlaubsverfall war gerechtfertigt

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts stellten jedoch fest, dass er mit dieser Auffassung nicht richtig lag. Die Tarifvertragsparteien haben ihren Gestaltungsspielraum genutzt, um für die Arbeitnehmer einen zusätzlichen Urlaub festzulegen. Welchen Bezugszeitraum sie hierfür festlegen, ist alleine ihre Sache, da der gesetzliche Mindesturlaub davon nicht berührt wird. Der Arbeitnehmer konnte sich daher nicht auf die Rechtsprechung des EuGH berufen, da diese ausschließlich für den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen gilt. Sein tariflicher Mehrurlaub aus dem Jahr 2007 verfiel demzufolge am 31. Mai 2008 und der Urlaub aus dem Jahr 2008 am 31. Mai 2009. Die Richter des Bundesarbeitsgericht folgen damit der Auffassung der Vorinstanzen, die die Forderung nach 20 Ersatzurlaubstagen abgelehnt hatten (Urteil vom 22. Mai 2012, Az. 9 AZR 575/10).