Beleidigungen jeder Art stehen neben Diebstählen ganz oben auf der Liste der Ursachen für fristlose Kündigungen. Aber nicht jede Art von Beleidigung begründet auch direkt eine fristlose Kündigung. In Abhängigkeit von der Schwere der Beleidigung können die Konsequenzen von einer Abmahnung bis zur Kündigung reichen. Das Zeigen eines Stinkefingers hat dabei schwerwiegende Folgen.

Sogar dann, wenn die Arbeitnehmerin eine lange Betriebszugehörigkeit aufweist und Mitglied im Personalrat war, kann das Zeigen des Stinkefingers zur Kündigung führen. Beide genannten Faktoren stehen der Kündigung nicht entgegen. Das gilt sogar für die Mitgliedschaft im Personalrat, welche zu einem besonderen Kündigungsschutz führt.

Der Hintergrund des Falles

Eine Mitarbeiterin war jahrelang bei einer Pflegeeinrichtung beschäftigt und Mitglied des Personalrats. Sie hatte im Laufe ihrer Berufsjahre bereits vier Abmahnungen wegen Beleidigungen erhalten. Während der Arbeit ereignete sich ein Vorfall im Zuge dessen die Arbeitnehmerin ihrem Vorgesetzten den Stinkefinger zeigte. Der Arbeitgeber sprach die fristlose Kündigung aus und ersuchte den Personalrat um seine Zustimmung. Weil diese durch den Personalrat verweigert wurde, klagte der Arbeitgeber.

Das Verwaltungsgericht entscheidet

Der Klage wurde stattgegeben. Das Gericht urteilte, dass der Personalrat verpflichtet gewesen sei, der außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber zuzustimmen. Diese sei aufgrund der wiederholten Beleidigungen auch ohne weitere vorhergehende Abmahnung wirksam. Besonders wichtig war im Zuge der Verhandlung auch die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin als Mitglied des Personalrats einen besonderen Kündigungsschutz genoss. Voraussetzung für eine Kündigung konnte nur ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. Und auch diese ist nur zulässig, wenn alle anderen Mittel und Wege bereits ausgeschöpft waren und die Kündigung die letzte mögliche Maßnahme darstellte.

Verhaltensbedingter Kündigungsgrund

Besonders interessant erscheint in diesem Urteil die Tatsache, dass eine Beleidigung wie das Zeigen eines Stinkefingers als schuldhaftes, vorwerfbares Verhalten ausgelegt wird, welches vermeidbar gewesen und deshalb ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Kündigungsgrund wäre. Kurz gesagt, wer bewusst beleidigt und das wiederholt tut, riskiert bewusst seinen Job. Gerade Beleidigungen sind diesbezüglich besonders heikel, weil sie stets mit einer Ehrverletzung für den Betroffenen einhergehen. Eine weitere Zusammenarbeit wird unter diesen Umständen schnell unzumutbar.

Kündigungsfrist – doch nicht fristlos

Anders als vom Arbeitgeber angestrebt, würde die Kündigung letztendlich doch nicht fristlos ausgesprochen. Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit stehe der Arbeitnehmerin eine soziale Auslauffrist zu. Das Verwaltungsgericht legte deshalb fest, dass die Frist der Auslauffrist in diesem Falle der Frist einer ordentlichen Kündigung entspräche.

Aus dem Urteil wird deutlich, dass das Zeigen eines Stinkefingers bei den entsprechenden Voraussetzungen wie vorhergehenden Abmahnungen sehr wohl zur fristlosen Kündigung führen kann. Es zeigt aber auch, dass auch Mitglieder des Personalrats nicht unkündbar sind, sondern sich an die Regeln halten müssen.