Normalerweise gibt es bei einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz keine großen Fragen – die fristlose Kündigung ist bei einem nachgewiesenen Fehlverhalten die korrekte Maßnahme. Diese bisherige Praxis stellt das Bundesarbeitsgericht allerdings nun mit einem aktuellen Urteil in Frage.

Der Fall: Sexuelle Belästigung einer externen Mitarbeiterin

Ein Mechaniker hatte im Umkleide- und Waschraum seines Arbeitgebers eine Reinigungskraft angetroffen, die hier durch externes Reinigungsunternehmen eingesetzt war. Sie unterhielten sich eine Weile. Während des Gesprächs machte der Arbeitnehmer der Frau Komplimente in Bezug auf ihre Brüste und berührte diese. Sie setzte sich zur Wehr, worauf er seinen Übergriff sofort beendete.

Nachdem die Frau ihren Arbeitgeber informiert hatte, wurde dieser von seinem Chef direkt zu einem Gespräch zitiert. Darauf angesprochen gab der Arbeitnehmer die sexuelle Belästigung sofort zu und bat die Frau schließlich um Verzeihung. Zudem verpflichtete er sich während eines angestrebten Täter-Opfer-Ausgleichs dazu, ein Schmerzensgeld zu zahlen.

Doch alle Einsicht half nichts – sein Arbeitgeber sprach ihm dennoch die außerordentliche Kündigung aus. Dagegen setzte er sich zur Wehr und der Fall landete vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf, das entschied, dass die fristlose Kündigung gerechtfertigt war (Urteil vom 12. Juni 2013, Az. 7 Sa 1878/12). Schließlich bemühte der Kläger sogar das Bundesarbeitsgericht.

Die Entscheidung: Sexuelle Belästigung rechtfertigt nicht immer die fristlose Kündigung

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts stellten jedoch fest, dass eine fristlose Kündigung in diesem Fall nicht gerechtfertigt war und erklärten sie für unwirksam (Urteil vom 20. November 2014, Az. 2 AZR 651/13). Dies begründeten sie damit, dass auch bei einer sexuellen Belästigung durchaus die jeweiligen konkreten Umstände einbezogen werden müssten, insbesondere der Umfang und die Intensität der Belästigung. Wichtig ist dafür gemäß § 626 Abs. 1 BGB, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr zuzumuten ist. In diesem Fall gingen die Richter davon aus, dass genau dies nicht zutraf. Denn nachdem der Arbeitnehmer selbst sofort eingesehen hatte, dass sein Verhalten unrecht war und sich entschuldigt sowie am Täter-Opfer-Ausgleich teilgenommen hatte, hätte nach ihrer Ansicht eine Abmahnung gereicht.

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