Nur jeder zehnte Arbeitnehmer in Deutschland arbeitet ganz oder teilweise von zuhause aus, dabei wünscht es sich jeder Dritte. Damit belegt Deutschland einen der hinteren Plätze im europäischen Ranking. Während von den Mitarbeitern mittlerweile grundsätzlich große Flexibilität gefordert wird, tun sich Arbeitgeber unverändert schwer, sich anpassungsfähig zu zeigen.

Eine Kultur der Präsenzpflicht dominiert nach wie vor die deutschen Büros – in ihren schlimmsten Auswüchsen sogar deutlich zu Lasten der Leistung. Nämlich dann, wenn das stumpfe „Absitzen“ der Arbeitszeit am Dienstschreibtisch belohnt und das eigenverantwortlich kreative Switchen zwischen Büro und Home-Office misstrauisch beäugt wird. Das ist Gift für eine ausgeglichene Work-Life-Balance, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) aufzeigt: Zwei Drittel der Arbeitnehmer mit dem Wunsch nach Home-Office-Tätigkeit werden in ihrem Bedürfnis mehr oder weniger ignoriert.

Home-Office macht die deutschen Chefs (noch) misstrauisch

Der Anteil der Heimarbeit liegt in Deutschland unter dem Durchschnitt der Europäischen Union und hinter Großbritannien, Frankreich oder den skandinavischen Ländern. Das starre Beharren auf Präsenz geht zu Lasten der Zufriedenheit der Beschäftigten, führt zu schlechteren Ergebnissen und verschenkt damit wirtschaftliches Potenzial. Nötig wäre hier von Seiten der Arbeitgeber mehr Vertrauen und der Verzicht auf totale Kontrolle.

Traditionell sind Tätigkeiten mit höherer beruflicher Qualifikation besonders geeignet, eigenverantwortlich zum Teil oder vollständig ins Home-Office ausgelagert zu werden. Das sind vor allem Berufe aus dem kreativen Bereich, der IT-Branche und dem Dienstleistungssektor. Berufe, die auf mittlerer oder einfacher beruflicher Qualifikation fußen oder die im produzierenden Gewerbe angesiedelt sind, lassen sich dagegen oft schwieriger räumlich vom Arbeitsplatz trennen.

Typische Home-Office Modelle

Bei der zeitlichen Organisation der Home-Office Tätigkeit gibt es verschiedene Modelle. Die drei häufigsten sind folgende:

  • wechselnde Präsenz: Der Arbeitnehmer verbringt komplette Tage im Büro des Arbeitgebers und im Home-Office, also beispielweise Montag, Mittwoch und Freitag Präsenz in der Firma, Dienstag und Donnerstag eigenverantwortliches Arbeiten im Homeoffice. So ist der Beschäftigte zum Wochenstart und zum Ausklang der Woche für den Chef persönlich ansprechbar. Natürlich ist aber auch eine andere Aufteilung der Tage möglich.
  • Aufteilung innerhalb des Arbeitstages: Vier Stunden Büro, vier Stunden am heimischen Laptop. Dieses Modell ist besonders interessant, um flexibel Job und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen.
  • projektbezogenes Home-Office: Die projektbezogene Tätigkeit im Home-Office ist eine Lösung für Tätigkeiten, bei denen in bestimmten Ablaufphasen oder Zeitfenstern keine Anwesenheit im Betrieb notwendig ist. Diese Variante der Homeoffice Tätigkeit erfordert eine gute Kommunikation zwischen Chef und Mitarbeiter und von letzterem eine besonders selbstständige und eigenverantwortliche Arbeitsweise.

Bisher kein Rechtsanspruch auf Home-Office

Ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf Home-Office besteht in Deutschland im Unterschied beispielsweise zu den Niederlanden nicht. Dabei sind Beschäftigte im Home-Office statistisch mit ihrer Arbeit zufriedener als die Kollegen in der Firma. Und die Kehrseite der Arbeit von zuhause aus geht – Ironie des Schicksals – gerade nicht zu Lasten der Arbeitgeber: die typische unbezahlte Mehrarbeit der Angestellten, um dem Rechtfertigungsdruck mit tadellosen Ergebnissen zuvorzukommen.