Die Teilnahme an Personalgesprächen gehört zweifelsohne zu den unbeliebtesten Beschäftigungen eines Mitarbeiters. Gesetzliche Bestimmungen können unter bestimmten Voraussetzungen eine rechtliche Verpflichtung des Arbeitnehmers begründen, an einem angeordneten Mitarbeitergespräch teilzunehmen. Veränderte Rahmenbedingungen liegen jedoch vor, wenn der Arbeitnehmer wegen einer Krankheit arbeitsunfähig ist.

Weisungsrecht des Arbeitgebers: Recht auf die Führung eines Personalgesprächs

Das Recht des Dienstgebers, seinen Mitarbeiter zu einem Personalgespräch zu zitieren, lässt sich aus der Gewerbeordnung (GewO) ableiten. Gemäß § 106 GewO ist der Arbeitgeber nämlich dazu berechtigt, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers nach näheren Kriterien zu definieren, wobei die Grundsätze des billigen Ermessens zu berücksichtigen sind. Dieses Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht, soweit diese Inhalte nicht bereits durch gesetzliche Bestimmungen, den Arbeitsvertrag, Regelungen in der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag geregelt sind. Wenn der Arbeitgeber die drei genannten Themenbereiche im Rahmen eines Personalgespräches besprechen will, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich dazu verpflichtet, sich an dieser Besprechung zu beteiligen.

Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der Inhalt der Arbeitsleistung nur ein Randthema ist, weil beispielsweise vordergründig Fragen der betrieblichen Ordnung oder des Arbeitnehmerverhaltens im Unternehmen behandelt werden sollen. Nimmt der Mitarbeiter trotz Verpflichtung nicht am Gespräch teil, kann ihn der Arbeitgeber abmahnen und bei wiederholter Gesprächsverweigerung des Arbeitnehmers mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung reagieren.

Sind erkrankte Arbeitnehmer verpflichtet, zu einem Personalgespräch zu erscheinen?

Der Arbeitnehmer kann dem Gespräch fernbleiben, soweit die Gesprächsinhalte nicht von dem genannten Weisungsrecht abgedeckt sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einer Besprechung über Bestimmungen oder Änderungen des Arbeitsvertrages auffordert. Ähnlich stellt sich die Rechtslage laut Judikatur bei einer Krankheit des Mitarbeiters dar.

Dies entschied das LAG Nürnberg im Fall einer arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmerin, welche von ihrem Arbeitgeber während ihrer Erkrankung mehrmals zu einem Personalgespräch geladen worden war. Die Mitarbeiterin kam dieser Aufforderung nicht nach. Es folgten eine Abmahnung und eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung, welche der Arbeitgeber mit dem wiederholten Fernbleiben der Mitarbeiterin von den Personalgesprächen rechtfertigte. Dagegen reichte die Arbeitnehmerin eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Nürnberg ein. Sowohl die erstinstanzliche Entscheidung als auch das Berufungsurteil fielen zugunsten der Mitarbeiterin aus.

Arbeitnehmer müssen während ihrer Erkrankung kein Mitarbeitergespräch absolvieren

Die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wertete das LAG Nürnberg als rechtlich unwirksam, weil die Mitarbeiterin keine Verpflichtung traf, an einem Personalgespräch teilzunehmen. Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer seien von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung entbunden. Damit habe der Arbeitgeber auch keine Möglichkeit, Weisungen bezüglich der Hauptleistungspflichten oder der Nebenpflichten zu erteilen. Nach Ansicht der Nürnberger Arbeitsrichter sei es nicht entscheidend, ob es der gesundheitliche Zustand der Mitarbeiterin erlaubt habe, zum Personalgespräch zu erscheinen.

Arbeitsunfähig erkrankte Mitarbeiter trifft somit keine generelle Verpflichtung, den Termin für ein anberaumtes Personalgespräch mit ihrem Arbeitgeber wahrzunehmen. Selbst wenn eine Verpflichtung zur Gesprächsteilnahme während einer Erkrankung bestünde, müsse der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die Interessen des erkrankten Arbeitnehmers berücksichtigen. Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall keinen wichtigen Gesprächsbedarf angekündigt habe, hätte er mit dem Gespräch bis zur Genesung der Mitarbeiterin warten können (Urteil des LAG Nürnberg vom 1. September 2015, 7 Sa 592/14).