Das Thema „Equal Pay“, also die gleiche Entlohnung für dieselbe Arbeit, beschäftigt nicht nur die Politik, sondern insbesondere auch immer wieder die Gerichte. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass Frauen zu wenig gezahltes Entgelt für gleiche Arbeit nachgezahlt werden muss.

Der Fall: Frauen bekamen weniger Lohn als Männer

Die heute 56-jährige Arbeitnehmerin war seit 1998 bei ihrem Arbeitgeber, einer Schuhfabrik, als Mitarbeiterin in der Produktion beschäftigt. Unter ihren Kollegen befanden sich Frauen ebenso wie Männer. Spätestens bei einer Betriebsversammlung im September 2012 erfuhr sie, dass die Frauen gezielt weniger Lohn erhielten als die männlichen Arbeitnehmer. Dies wollte sie nicht auf sich sitzen lassen und reichte Klage ein.

Sie forderte bei Gericht ein, dass ihr der Arbeitgeber die entstandene Lohndifferenz in Höhe von 11.016,30 Euro nachzuzahlen habe, die in den Jahren 2009 bis 2012 aufgelaufen war. Diese Differenz basierte nicht nur auf dem geringeren Stundenlohn, sondern auch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie einer Anwesenheitsprämie, welche jeweils auf Basis der geringeren Entlohnung berechnet wurden und somit ebenfalls zu niedrig waren. Zusätzlich forderte die Arbeitnehmerin das Unternehmen auf, eine Entschädigung in Höhe von 6.000 Euro zu zahlen. Dabei stützte sie sich auf § 15 Abs. 2 AGG, der dem nach dem AGG Geschädigten eine Entschädigung in Geld zu spricht.

Der Arbeitgeber sah den ganzen Fall anders. Seiner Auffassung nach wurde die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern über Jahre hinweg im Betrieb offen kommuniziert. Er argumentierte, dass die Frau nicht erst bei der Betriebsversammlung von dieser Ungleichbehandlung erfahren habe, sondern schon deutlich früher, und die Ansprüche deshalb bereits erloschen seien.

Die Entscheidung: Unmittelbare Benachteiligung rechtfertigt Entschädigung

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied den Fall im Sinne der Klägerin (Urteil vom 28. Oktober 2015, Az. 4 Sa 12/14). Die Richter waren sich darüber einig, dass die niedrigere Entlohnung ausschließlich aufgrund des Geschlechts vorgenommen wurde. Somit lag eine unmittelbare Ungleichbehandlung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vor. Für die Diskriminierung gab es keine rechtfertigenden Sachgründe. Die Richter sprachen der Frau den geforderten Entschädigungsbetrag in Höhe von 6.000 Euro zu. Zur Begründung erklärten sie, dass ein „fühlbarer“ Entschädigungsbetrag notwendig sei, da eine unmittelbare Diskriminierung, die in diesem Fall durch den offenen Umgang mit der Benachteiligung erfolgte, noch schwerer wiege als eine rein mittelbare Ungleichbehandlung. Ebenso hielten die Richter fest, dass der Frau ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 11.016,30 Euro für den Ausgleich der Lohndifferenz zustand, wie er erstinstanzlich festgehalten und vom Arbeitgeber angefochten wurde.

Die Argumentation des Arbeitgebers, dass der Anspruch auf Nachzahlung der Vergütungsdifferenz bereits erloschen wäre, schmetterten die Richter ab. Da es dabei nicht um einen Schadenersatz im Sinne des § 15 Abs. 1 AGG ging, musste dieser auch nicht binnen zwei Monaten ab Kenntnis geltend gemacht werden. Es handelte sich um einen Erfüllungsanspruch der Arbeitnehmerin im Gegenzug für ihre zu gering entlohnte Arbeitsleistung und war daher noch nicht verfallen.

Praxistipp: Für Arbeitnehmerinnen, die um die bessere Bezahlung ihrer männlichen Kollegen mit gleichen Aufgaben wissen, ergibt sich damit eine Chance, für Gleichberechtigung zu sorgen. Der Weg einer Klage vor dem Arbeitsgericht kann zwar lang, aber auch lohnenswert sein. Allerdings sollte von Beginn an ein Anwalt für Arbeitsrecht hinzugezogen werden, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Spätestens ab dem Landesarbeitsgericht besteht ohnehin Anwaltszwang. Anwälte für Arbeitsrecht finden Sie zum Beispiel bei anwaltssuche.de.