Die körperliche Anstrengung sinkt, aber die psychische Belastung steigt. Lässt sich mit dieser Aussage die deutsche Arbeitswelt beschreiben? Einige Studienergebnisse zeigen, dass der Druck auf die Erwerbstätigen in Deutschland wächst.

Deutschland: Psychische Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) analysiert in regelmäßigen Intervallen die körperlichen und psychischen Arbeitsbedingungen, denen die Erwerbstätigen in Deutschland ausgesetzt sind. Ein Vergleich der Studienergebnisse aus den Jahren 2005/06 und 2011/12 zeigt, dass sich die psychischen Belastungsfaktoren auf einer hohen Ebene einpendeln.

Die häufigsten Ursachen für psychische Belastungen am Arbeitsplatz resultieren aus einem starken Druck, wie die Zahlen aus dem Jahr 2011/12 verdeutlichen. So gaben beispielsweise 34,8 Prozent der Männer an, dass sie die Termine und die Leistungserwartung als belastend empfinden. Außerdem erweisen sich auch andere Punkte als Belastungsfaktoren für die Erwerbstätigen:

Belastende Faktoren Männer Frauen
Starker Termin- und Leistungsdruck 34,8 Prozent 38,4 Prozent
Schnelles Arbeiten 16,8 Prozent 22,4 Prozent
Verschiedene Tätigkeiten gleichzeitig ausführen 15,9 Prozent 22,6 Prozent
Störungen und Unterbrechungen 24,7 Prozent 31,3 Prozent
Arbeiten an der Grenze der Leistungsfähigkeit 11,5 Prozent 16,3 Prozent

Ist in Deutschland der Druck auf die Arbeitnehmer besonders groß?

Es gibt auch Untersuchungen, die die Arbeitsbelastung auf Europaebene untersuchen. In den 27 EU-Ländern dürfte die Arbeitsintensität hoch sein. Dies verrät eine Studie der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen aus dem Jahr 2010. Laut dieser European Working Conditions Survey (EWCS) reihen sich die deutschen Werte über dem EU-weiten Durchschnitt ein, wenn man die Faktoren Termindruck und Arbeitstempo betrachtet:

Belastungsfaktor Deutschland 27 EU-Länder
Termindruck während mindestens 25 Prozent der Arbeitszeit 73 Prozent 62 Prozent
Hohes Arbeitstempo während mindestens 25 Prozent der Arbeitszeit 73 Prozent 59 Prozent
Häufige Arbeitsunterbrechungen 22 Prozent 32 Prozent
Eintönige Arbeitsaufgaben 31 Prozent 45 Prozent

Demnach arbeiten 73 Prozent der befragten Arbeitnehmer in Deutschland während eines Teils ihrer Arbeitszeit (mindestens 25 Prozent) unter Zeitdruck bzw. in einem hohen Tempo. Dies sind um 11 bzw. 14 Prozent mehr als im EU-weiten Durchschnitt. Allerdings weist Deutschland bei den Faktoren Arbeitsunterbrechungen und monotone Arbeitsaufgaben unterdurchschnittliche Werte auf.

Auch das IT-Service-Unternehmen ADO hat in einer Studie herausgefunden, dass die deutschen Arbeitnehmer zunehmend unter Druck stehen. Demnach belegt die Bundesrepublik den zweiten Platz, wenn es um die psychische Arbeitsbelastung in Europa geht. Dabei klagen die Beschäftigten vor allem über zu wenig Unterstützung vom Chef. Häufig wissen die Vorgesetzten nicht, in welcher Stresssituation sich die Arbeitnehmer befinden. Die Arbeitgeber sind gefordert, die Stressfaktoren am Arbeitsplatz im Auge zu behalten.