Der Krankenstand unter den gesetzlich versicherten Arbeitnehmern hat einen Höchstwert seit 1997 erreicht. Maßgeblichen Anteil daran hat ein erhöhter Konsum von Alkohol, Tabak und Videospielen, wie aus dem Gesundheitsreport 2019 der DAK hervorgeht. Die Kasse fordert daher bessere Beratungsangebote, um Süchtigen zu helfen.
Besonders junge Menschen sind riskante Trinker
Wer unter einer Sucht leidet, erhöht die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden und mindert seine Arbeitsleistung. Zu diesem Schluss kommt eine 2019 durchgeführte Studie der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK).
Demnach ist der Krankenstand unter Alkoholabhängigen, Rauchern und Menschen mit einer sogenannten „Internet Gaming Disorder“ im Vergleich zu nicht süchtigen Arbeitnehmern mit 7,6 Prozent fast doppelt so hoch. Der durchschnittliche Krankenstand unter Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen betrug 2018 rund 4,25 Prozent und war damit 20 Prozent höher als 2005.
Übrigens: Laut praktischarzt.de sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, sich bei Unwohlsein umgehend krank zu melden. Was es sonst in diesem Kontext noch zu beachten gilt, verrät deren Artikel rund um das Thema Krankmeldung beim Arbeitgeber.
Drei Viertel der Krankenscheine bei Süchtigen gehen auf das Konto von Alkoholabhängigen. Jeder zehnte Beschäftigte in Deutschland trinkt riskant, das Verhalten gilt als Vorstufe zur Alkoholsucht. Unter den 18- bis 29-jährigen Erwerbstätigen nimmt sogar jeder sechste zu viel Alkohol zu sich. Besonders gefährdet sind aus Sicht der Studie Menschen, die privat oder beruflich einem erhöhten emotionalen Stresspegel ausgesetzt sind.
Bemerkt der Arbeitgeber den Konsum im Betrieb, kann das für den Arbeitnehmer eine Abmahnung wegen Alkohol am Arbeitsplatz bedeuten. Nichtsdestotrotz gaben bei der DAK-Studie 3,8 Prozent der riskanten Trinker und 17,2 Prozent der Alkoholabhängigen an, mehrmals im Monat auch am Arbeitsplatz zu konsumieren. Beide Gruppen schätzen, dass ihre Trinkgewohnheiten eine oder mehrere Krankmeldungen innerhalb des vergangen Jahres verursacht haben.
Suchtspieler öfters abgelenkt und krank
Die schädliche Wirkung von Alkohol und Zigaretten auf die Gesundheit ist längst bekannt. Die Abhängigkeit von Internet- und Handyspielen wurde dagegen bis dato nur wenig untersucht. Die Ergebnisse der DAK-Studie zeigen, dass 6,5 Prozent der deutschen Arbeitnehmer ein riskantes Spielverhalten aufweisen. Vor allem Männer unter 30 verbringen zu viel Zeit mit Videogames. Jeder Vierte spielt auch während der Arbeitszeit, während jeder Zehnte angibt, wegen der Medien im Beruf unkonzentriert zu sein.
Noch extremer sieht es für Beschäftigte aus, die unter einer „Gaming Disorder“ leiden. Darunter versteht man Menschen, die Computerspiele exzessiv nutzen und andere Tätigkeiten sowie soziale Kontakte abstellen. Laut der Untersuchung „Game Over“ aus dem Jahr 2016 sind in Deutschland 8,4 Prozent der jungen Männer bis 25 Jahren süchtige Gamer.
Genauso wie die Alkoholabhängigkeit wirkt sich der Spielzwang negativ auf die Produktivität aus. So machte jeder vierte Arbeitnehmer mit einer Gaming Disorder in den drei Monaten zuvor zu früh Feierabend. Zehn Prozent von ihnen gaben an, dass das Spielen für mindestens eine Krankmeldung im vergangenen Jahr verantwortlich war.
Eine Online-Befragung der TU München aus dem Jahr 2018 ergab, dass über die Hälfte der Unternehmen von einer Internet- und Spielsucht der Mitarbeiter betroffen war. Weniger als die Hälfte dieser Firmen bot den gefährdeten Angestellten jedoch Präventionskurse an, obwohl die meisten solchen Maßnahmen gegenüber prinzipiell offen standen.
Nikotinabhängige insgesamt häufiger krank
Trinken junge Arbeitnehmer durchschnittlich mehr als ältere Kollegen, kehrt sich das Verhältnis bei der Tabaksucht um: während unter den 60- bis 65-jährigen Beschäftigten etwa jeder Vierte (23,7 Prozent) raucht, sinkt der Raucheranteil bei den unter 30-jährigen auf 16,3 Prozent. Auch die E-Zigaretten werden immer populärer: in allen Altersgruppen dampfen fünf Prozent meist nikotinhaltige Liquids.
Neben einer Erhöhung des Risikos für schwere Krankheiten wie Lungenkrebs und Herzinfarkt sind Raucher insgesamt öfters krank. Ihre Fehlquote, so die Studie, ist mit 8,3 Prozent fast doppelt so hoch wie bei den Nichtrauchern. Die meisten rauchen außerdem auch außerhalb der offiziellen Pausen, dabei besteht kein rechtlicher Anspruch darauf. Eine US-Untersuchung hat herausgefunden, dass diese Unterbrechungen jedem Arbeitgeber 4.600 Euro pro Jahr kosten, da die Mitarbeiter produktive Zeit verschwenden und länger brauchen, um den Faden wieder aufzunehmen.
Der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Tobias Effertz beziffert die Kosten der Raucher für die Gesellschaft auf 100 Milliarden Euro jährlich. Die Berechnungen schließen sowohl die direkten Kosten als Folge von Behandlung und Pflege als auch die indirekten Ausgaben für die häufigeren Krankmeldungen ein. Er fordert aufgrund dieser Ergebnisse ein absolutes Werbeverbot für Tabakprodukte.
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