Seit 1. Februar 2020 ist Großbritannien nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Der Brexit bringt vorerst keine konkreten Veränderungen für die deutsche Wirtschaft, zumal der einstige EU-Mitgliedstaat noch bis 31.12.2020 im Binnenmarkt und in der Zollunion der EU bleibt. Wie es dann weitergehen wird, ist noch ungewiss. Die Herausforderung besteht darin, in der Übergangsfrist bis zum Jahresende einen Freihandelsvertrag zwischen der EU und Großbritannien auszuarbeiten.

Folgen des Brexit für die deutsche Wirtschaft und den Handel mit Großbritannien

Im Jahr 2018 erreichten die Exporte Deutschlands nach Großbritannien ein Volumen von 109 Milliarden Euro. Davon sind 460.000 deutsche Arbeitsplätze betroffen. Vor allem Unternehmen der Autoindustrie befürchten nachteilige Folgen im Exportgeschäft, wenn innerhalb der Übergangsfrist kein gut ausgehandelter Freihandelsvertrag zustande kommt. Mit einem Rückgang der Autoexporte könnten tausende Arbeitsplätze verloren gehen. Im Jahr 2017 exportierten die deutschen Autokonzerne 770.000 Pkw nach Großbritannien, das damit aus Sicht von Deutschland der wichtigste Autoimporteur ist. Insgesamt ist Großbritannien für die deutsche Wirtschaft der fünftgrößte Handelspartner.

Die deutsche Finanzbranche gilt hingegen als Profiteur des Brexit. Laut einer Studie von New Financial verlagern rund 40 Finanzunternehmen und Banken ihre Geschäfte von London nach Frankfurt am Main. Dadurch entstehen in Deutschland neue Arbeitsplätze. Im Falle von Beschränkungen bei den Flugrechten zwischen der Europäischen Union und Großbritannien könnten die Flughäfen München und Frankfurt als Drehkreuze an Bedeutung gewinnen und damit der deutschen Flugbranche einen Aufwind bringen.

Viele Einbürgerungen britischer Staatsbürger in Deutschland

In den letzten Jahren verzeichnete Deutschland viele Einbürgerungen von britischen Staatsbürgern. Der Spitzenwert lag bei 7.493 Einbürgerungen im Jahr 2017. Im Jahr 2018 erhielten 6.640 Briten die deutsche Staatsbürgerschaft, während es im Jahr 2016 2.865 waren. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Jahr 2015, in dem der Anteil bei nur 622 Einbürgerungen lag.

Es ist davon auszugehen, dass einige Fachkräfte aus Großbritannien in ihre Heimatländer innerhalb der EU zurückkehren werden, um hier zu arbeiten und zu leben. Manche deutsche Unternehmen sehen darin eine Chance, solche Rückkehrer als Arbeitskräfte zu gewinnen und so den Fachkräftemangel zu entschärfen.

Britische Arbeitskräfte in Deutschland

Mit Ablauf des Jahres 2020 endet die Arbeitnehmerfreizügigkeit zwischen der Europäischen Union und Großbritannien. Auf britische Arbeitskräfte in Deutschland kommen daher ab 2021 zusätzliche Formalitäten in Form einer Arbeitserlaubnis und eines Aufenthaltstitels zu. Allerdings betonen die Verantwortlichen in Deutschland, dass diese bürokratischen Erfordernisse an keine spezifischen Bedingungen gebunden sind. Die Ausländerbehörden haben sich bereits mit speziellen Meldeverfahren darauf vorbereitet.

Umgekehrt müssen ab 2021 auch EU-Bürger, die in Großbritannien arbeiten möchten, eine Aufenthaltsgenehmigung und eine Arbeitserlaubnis vorweisen. Unter welchen Voraussetzungen die Betroffenen diese erhalten werden, ist noch ungewiss.

Personalentsendungen und Werkvertragsleistungen

Unternehmen, die ihr Personal grenzüberschreitend einsetzen und nach Großbritannien entsenden möchten, müssen etwaige Zollbeschränkungen beachten. Dasselbe gilt bei Werkvertragsleistungen. Wie die Folgen nach dem Wegfall der Waren- und Dienstleistungsfreiheit konkret aussehen werden, hängt vom Ausgang der bevorstehenden Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien ab.

Quelle: Statista