Die Idee, Überstunden und Urlaubstage an Arbeitskollegen mit Bedarf an bezahlter Freistellung zu spenden, wurde in der Corona-Krise in einigen Unternehmen praktiziert. Nicht nur betreuungspflichtige Kinder in Zeiten geschlossener Betreuungseinrichtungen, sondern auch schwerkranke Familienangehörige können ein Anlass sein, um Arbeitsstunden und Mehrurlaub zu verschenken.

Keine gesetzliche Grundlage

Anders als in Frankreich gibt es in Deutschland kein Gesetz, wonach Arbeitnehmer auf Urlaubstage verzichten können, um sie an Kollegen abzutreten, die Kinder und schwerkranke Familienmitglieder betreuen möchten. Es greift der Grundsatz, dass Mitarbeiter die Arbeitsleistungen laut Arbeitsvertrag höchstpersönlich ausführen müssen.

Übertragung durch betriebliche Vereinbarung

Eine Übertragung von Urlaub und Überstunden kann daher nicht auf direkter gesetzlicher Grundlage, sondern nur auf Basis einer betrieblichen Regelung erfolgen, die es gestattet, dass einzelne Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung durch Beteiligung von Kollegen erbringen können. Mitarbeiter dürfen Urlaubstage und Überstunden übertragen, wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist und kein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen vorliegt.

Überstunden übertragen

Arbeitnehmer, die Mehrarbeit erbringen und diese Überstunden an Kollegen als Zeitgutschrift übertragen, müssen die Regelung des § 3 Arbeitszeitgesetzes zur zulässigen Höchstarbeitszeit einhalten. Sie dürfen die rechtlichen Grenzen der Höchstarbeitszeit nicht überschreiten.

Urlaubstage spenden

Mitarbeiter können nur eingeschränkt auf Urlaubstage verzichten, zumal ihnen laut Gesetz ein Mindesturlaubsanspruch zusteht (bei fünf Arbeitstagen pro Woche 20 Urlaubstage). Der gesetzliche Urlaubsanspruch zielt auf die Erholung des jeweiligen Arbeitnehmers ab, sodass ein Verzicht gemäß § 13 Bundesurlaubsgesetz unzulässig ist. Das bedeutet, dass Mitarbeiter zugunsten ihrer Kollegen nur auf Mehrlaubstage verzichten können, die über den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch hinausgehen. Für arbeitsvertraglich vereinbarten Mehrurlaub gibt es keine entsprechende Regelung, sodass ein Verzicht auf diese zusätzlichen einzelvertraglichen Urlaubsansprüche möglich ist.

Übertragung von Urlaub und Überstunden regeln

Eine betriebliche Regelung zum Spenden von Urlaubstagen und Überstunden sollte klare Formulierungen enthalten:

  • Ansprüche auf bezahlte Freistellung festschreiben
    Das Ziel der Übertragung besteht darin, dem Mitarbeiter Ansprüche auf bezahlte Freistellung zu verschaffen. Dies sollte klar definiert sein, um die Auszahlung von angehäuften Urlaubsguthaben bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden. Wenn ein Mitarbeiter auf bezahlte zusätzliche Urlaubstage oder eine Überstundenabgeltung durch Freizeitausgleich verzichtet, liegt es am Arbeitgeber, diese Ansprüche auf bezahlte Freistellung zum Vorteil eines anderen Beschäftigten umzubuchen. Es geht darum, das Guthaben des spendenden Mitarbeiters zu übertragen und dem begünstigten Mitarbeiter zuzuordnen, um die Geltendmachung von Doppelansprüchen zu verhindern.
  • Überstunden und Urlaubstage definieren
    Aus der Regelung sollte klar ersichtlich sein, welche Überstunden und Urlaubstage der Arbeitnehmer spenden möchte und wie mit nicht genutztem Zeitvolumen umzugehen ist. Im Idealfall verzichtet der Arbeitnehmer ausdrücklich auf seine Rechte an den gespendeten Überstunden und Urlaubstagen.
  • Zweck und Empfänger anführen
    Zusätzlich ist es sinnvoll, den Zweck des Verzichts festzuschreiben. Auch der Empfänger der Spende sollte namentlich genannt sein. Im Optimalfall gibt es Entscheidungskriterien, die die Voraussetzungen für den Empfang der Spende definieren.