Sachleistungen von Unternehmen sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei und auch von der Beitragspflicht in der Sozialversicherung befreit. Doch wie sind Tankgutscheine und Mieteinnahmen zu bewerten, die Arbeitgeber statt des Arbeitslohns erbringen?

Sozialversicherungsrechtlicher Hintergrund

Laut Sozialversicherungsrecht werden auf das Arbeitsentgelt von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern Sozialversicherungsbeiträge von rund 40 Prozent fällig. Wenn der Arbeitgeber auch Sachleistungen erbringt, ist auf Basis der SvEV (= Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt) zu beurteilen, ob diese beitragspflichtig sind. Grundsätzlich gibt es für Sachbezüge eine Bagatellgrenze von 44 Euro pro Monat.

Kürzlich hatte das Bundessozialgericht die Frage zu klären, ob Unternehmen Sozialversicherungsabgaben reduzieren können, indem sie statt des vollen Arbeitslohns Tankgutscheine ausgeben und von ihren Mitarbeitern Werbeflächen auf deren Privatfahrzeugen anmieten.

Beispielfall

Ein nicht tarifgebundenes Unternehmen verständigte sich im Zuge einer sogenannten Nettolohn-Optimierung mit seinen Mitarbeitern darauf, dass letztere auf einen Teil ihres Bruttoentgelts verzichten, wobei die Arbeitszeit unverändert blieb (Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. Februar 2021, Az. B 12 R 21/18). Der Arbeitgeber führte die bisherige Bruttovergütung zwecks Berechnung zukünftiger Gehaltsansprüche weiter. Gleichzeitig vereinbarten Unternehmen und Mitarbeiter als neue Gehaltsanteile monatliche Tankgutscheine von 40 Euro und monatliche Mietzahlungen für Werbeflächen auf Privatfahrzeugen in Höhe von 21 Euro. Nach einer Betriebsprüfung sah sich das Unternehmen mit einer Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Rentenversicherungsträger konfrontiert. Das Unternehmen reagierte mit einer Klage beim Sozialgericht. Es berief sich darauf, dass die Tankgutscheine unterhalb der steuerlichen Bagatellgrenze lägen und dass die Mieteinnahmen im Zusammenhang mit den Werbeflächen auf einem eigenständigen Mietverhältnis basierten. Das Unternehmen kam nur in den ersten zwei Instanzen mit dieser Rechtsansicht durch.

BSG: Tankgutscheine und Mieteinnahmen als Lohnersatz beitragspflichtig

Das Bundessozialgericht wertete hingegen Tankgutscheine, die auf einen bestimmten Eurobetrag lauten, und Mieteinahmen im Zusammenhang mit Werbeflächen auf privaten Kraftfahrzeugen als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt, wenn sie als neue Gehaltsanteile anstatt des Bruttoarbeitslohns gewährt werden. Demnach gilt auch die Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

Wenn ein Unternehmer mit einem Mitarbeiter einen teilweisen Lohnverzicht vereinbart und stattdessen Gutscheine ausgibt und Miete für Werbeflächen auf den Privatfahrzeugen der Beschäftigten zahlt, liegt im Sinne des Sozialversicherungsrechts Arbeitslohn vor. Letzterer schließt alle geldwerten Vorteile ein, die mit dem Beschäftigungsverhältnis im Zusammenhang stehen. Das ist dann der Fall, wenn das Unternehmen den früheren Bruttoarbeitslohn abrechnungstechnisch fortführt und gleichzeitig die Gutscheine und Mieteinnahmen als neue Gehaltsanteile erbringt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Werbeeinnahmen auf eigens mit den Mitarbeitern abgeschlossenen Mietverträgen basieren.

Die Tankgutscheine sind keine Sachbezüge, zumal sie auf einen bestimmten Eurobetrag ausgestellt wurden und als Geldersatz den teilweisen Lohnverzicht ersetzen sollten. Demnach sei die Bagatellgrenze in Höhe von 44 Euro nicht anwendbar.

Beitragsnachforderungen der Sozialversicherungsträger drohen

In der Praxis schiebt dieses BSG-Urteil den Nettolohn-Optimierungsmodellen einiger Arbeitgeber einen Riegel vor. Unternehmen, die solche Konzepte nutzen, müssen mit Betriebsprüfungen und auch mit Beitragsnachforderungen der Sozialversicherungsträger rechnen. Sie sind Gesamtschuldner der nicht geleisteten Beiträge und müssen diese nachzahlen.