Auch ausländische Arbeitgeber müssen nach dem Mindestlohngesetz eine Überprüfung durch die deutsche Zollverwaltung über sich ergehen lassen, wenn die Mitarbeiter der jeweiligen Unternehmen in Deutschland tätig sind. Das hat der Bundesfinanzhof in drei Entscheidungen klargestellt.

Beispielfälle: Ausländische Transportunternehmen bekämpfen Prüfungsanordnung

Die Urteile betreffen Transportunternehmen mit Sitz in Polen und der Slowakei, die ihre Mitarbeiter mit grenzüberschreitenden Transporten nach oder aus Deutschland beauftragten. Je nach Fahrt fand entweder die Entladung oder Beladung im Inland statt. In zwei Fällen war unklar, ob die LKW-Fahrer tatsächlich solche Transportfahrten absolviert hatten oder nur im Transitverkehr unterwegs waren und somit durch deutsches Gebiet lediglich durchgefahren sind. Um diese strittigen Sachverhalte aufzuklären, ordnete das Hauptzollamt unter Verweis auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) ein Prüfungsverfahren an. Im Zuge dessen wies die Zollverwaltung die ausländischen Transportunternehmen an, Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen, Zahlungsnachweise und die Kontaktdaten der Auftraggeber herauszugeben.

Die Spediteure klagten gegen diese Prüfungsanordnung und beriefen sich dabei auf die Unzuständigkeit der Zollverwaltung. Darüber hinaus gelte das MiLoG nicht für ausländische Transporteure. Es widerspreche zudem der bundesstaatlichen Kompetenzordnung. Die Kläger orteten außerdem Verstöße gegen das Bestimmtheitsgebot und gegen EU-Recht. Sie bezeichneten die Kontrollmaßnahmen als sachwidrig, unverhältnismäßig und willkürlich.

BFH: Deutsche Zollbehörden dürfen Überprüfung nach MiLoG durchführen

Der Bundesfinanzhof sah dies anders und wies die Revisionen der Transportunternehmen als unbegründet zurück (Urteile des BFH vom 18. August 2020, Az. VII R 34/18, VII R 35/18 und VII R 12/19). Demnach durfte der Gesetzgeber die Zollverwaltung damit beauftragen, die Erfüllung der Pflichten nach § 20 Mindestlohngesetz zu überprüfen. Die gesetzliche Grundlage liefere Artikel 87 Absatz 3 Satz 2 GG. Daher müssen ausländische Transportunternehmen, deren Mitarbeiter in Deutschland Tätigkeiten ausüben, eine Überprüfung nach dem MiLoG zulassen. Die Prüfungsanordnung widerspreche weder den Grundrechten noch dem EU-Recht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe b und c RL 2014/67/EU sei gewahrt.

Streitfrage: Ist das Mindestlohngesetz anwendbar?

Strittig war auch die Frage, ob kurzzeitige Tätigkeiten auf deutschem Bundesgebiet überhaupt vom Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes erfasst sind. Die Antwort auf diesen Punkt ließ der Bundesfinanzhof offen, weil dies im vorliegenden Fall nicht entscheidungsrelevant war. Unabhängig davon müssen die deutschen Zollbehörden nach Ansicht des BFH die Möglichkeit erhalten, abzuklären, in welchem Ausmaß die Mitarbeiter der ausländischen Unternehmen tatsächlich im Inland tätig geworden sind.

Der Bundesfinanzhof macht mit diesen Entscheidungen deutlich, dass die deutsche Zollverwaltung in Hinblick auf das Mindestlohngesetz eine Kontrollkompetenz gegenüber ausländischen Unternehmen hat. Demnach dürfen die Zollbehörden jene Firmen mit Sitz im Ausland überprüfen, deren Mitarbeiter in Deutschland tätig werden. Sie müssen abklären können, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang diese Arbeitnehmer Tätigkeiten im Inland ausgeübt haben.