Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – auf diesem Prinzip baut Open Hiring auf, das 1982 in den USA ins Leben gerufen wurde. Demnach erhält jener Bewerber den Job, der sich als erster bewirbt, zuerst beim vereinbarten Termin erscheint oder auf der Warteliste an oberster Stelle steht. Dieses „First Come, First Serve“-Prinzip kommt ohne Auswahlprozess und ohne klassisches Bewerbungsgespräch aus. Das bedeutet, dass die Bewerber weder einen Lebenslauf vorlegen noch eine abgeschlossene Ausbildung oder Referenzen nachweisen müssen. Bei dieser Rekrutierungsmethode bekommt man den Job, ohne Fragen zu beantworten und ein Interview zu durchlaufen.

Ursprung und Grundidee

Open Hiring geht auf den Gründer der Greyston Bakery Bernard Glassman zurück, der soziale Beweggründe hatte. Er wollte Menschen eine Chance geben, die es üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt sehr schwer haben. Das können Personen mit einer schwierigen Vergangenheit sein, die etwa früher drogensüchtig, im Gefängnis oder obdachlos waren. Auch Menschen mit Behinderung, ohne Berufserfahrung oder mit Ängsten vor Bewerbungsgesprächen gehören zur Zielgruppe dieses Konzepts.

Onboarding, Learning by Doing und Weiterbildung

Open Hiring stellt nicht Ausbildung, Qualifikationen und Erfahrungen in den Mittelpunkt, sondern die Motivation und das Potenzial des Einzelnen. Für die Mitarbeitersuche in manchen Berufsgruppen normiert das Unternehmen Mindestanforderungen wie einen Führerschein oder Staplerschein. Ansonsten liegt das Augenmerk darauf, die neuen Mitarbeiter durch Onboarding- und Trainingsmaßnahmen für die Arbeitsaufgaben fit zu machen.

Die Neuankömmlinge sind nicht nur fachlich einzuarbeiten und weiterzubilden, sondern erhalten teilweise auch ein persönliches Coaching. Im Prinzip basiert Open Hiring auf Learning by Doing und auf der Lernbereitschaft des neuen Mitarbeiters. Auch das Unternehmen selbst muss bereit sein, sich auf diese Lernphase einzulassen.

Anwendungsbereich von Open Hiring

Open Hiring funktioniert freilich nur bei Jobs, für die die Bewerber keine spezifischen rechtlichen oder fachlichen Voraussetzungen erfüllen müssen und deren Aufgaben sie schnell erlernen können. Als Beispiele sind zu nennen:

  • Lagerarbeiter
  • Lieferant
  • Verkäufer im Einzelhandel
  • Mitarbeiter im Kundenservice
  • Küchenhilfe
  • Reinigungskraft
  • Call Center-Mitarbeiter

Offene Stellen von Berufen mit langjähriger Ausbildung wie Ärzte, Anwälte, Apotheker und einige andere lassen sich hingegen nicht besetzen, ohne spezielle Anforderungen zu stellen. Allerdings ist dieses Konzept auch auf anspruchsvollere Funktionen übertragbar, wenn das Unternehmen einen starken Fokus auf das On-the-Job-Training legt. Eine gewisse Einarbeitungsphase braucht es ohnehin so gut wie immer. Außerdem kann ein- und dasselbe Berufsbild in zwei unterschiedlichen Unternehmen verschiedene Aufgaben haben, sodass der neue Mitarbeiter sowieso erst die Strukturen und Arbeitsprozesse erlernen muss.

Positive und negative Seiten von Open Hiring

Vor allem bei Jobs, für die es viele Bewerber gibt und daher der Auswahlprozess sehr zeitaufwendig wäre, kann Open Hiring die Rekrutierung beschleunigen. So lassen sich offene Stellen schnell besetzen, wobei aber das Onboarding mitunter länger dauert. Unternehmen können mit unkonventionellen Recruitingmethoden wie Open Hiring aber auch Aufmerksamkeit erregen und die Vielfalt im Team steigern.