Ob ordinäre Sprüche, anzügliche Blicke oder ungewollte Berührungen – sexuelle Übergriffe können Mitarbeitende leider auch am Arbeitsplatz ereilen. Manchmal geht es um Macht und das Ausnutzen eines Abhängigkeitsverhältnisses. Nicht immer ist es den Beteiligten bewusst, dass es sich um sexuelle Belästigung handelt. Zudem kommt es vor, dass sich die Opfer schämen und Angst davor haben, den Vorfall zu melden, weil sie berufliche Nachteile befürchten. Deshalb ist es wichtig, ein Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen und durch geeignete Maßnahmen vor sexuellen Übergriffen zu schützen.

Was fällt unter sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann in unterschiedlichen Formen auftreten:

  • Physische Belästigung: ungewünschte Berührungen wie Streicheln, Umarmen und Küssen
  • Verbale Belästigung: anrüchige Witze, aufdringliche Wortmeldungen oder zweideutige Bemerkungen über das äußere Erscheinungsbild oder Privatleben; Aufforderungen zu sexuellen Handlungen oder intimen Verabredungen
  • Nonverbales Verhalten: Übermitteln von Fotos, E-Mails, Kurznachrichten oder Videos mit sexuellen Inhalten; anzügliches Anstarren und Pfeifen; Verbreiten von pornografischen Inhalten; Entkleiden vor anderen Personen

Jede dieser drei Formen, egal ob physisch, verbal oder nonverbal, ist nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verboten. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann nicht nur im Büro, sondern auch auf dem Arbeitsweg, einer Firmenfeier oder einer Dienstreise auftreten.

Wie können Arbeitgeber ihre Arbeitnehmenden schützen?

Arbeitgeber sind hier in der Pflicht, ihre Arbeitnehmer*innen vor sexuellen Übergriffen und Belästigungen zu schützen. Die folgenden Schritte zeigen, wie sie dabei vorgehen.

1. Schutzpflicht wahrnehmen

Arbeitgeber müssen ihre Schutzpflicht gegenüber den Mitarbeitenden wahrnehmen, indem sie diese Punkte beachten:

  • im Unternehmen über den gesetzlichen Schutz vor sexuellen Belästigungen aufklären (Informationspflicht)
  • vorbeugende Handlungen ergreifen, um das Umfeld am Arbeitsplatz sicherer zu machen
  • eine Beschwerdestelle einrichten, bei der sich Betroffene beschweren können, wenn sie im Arbeitsumfeld Diskriminierungen oder Belästigungen erfahren haben
  • jede Beschwerde behandeln und einzelfallbezogen prüfen
  • passende Schutzvorkehrungen treffen, die einer Wiederholung des Fehlverhaltens vorbeugt (Handlungspflicht)

Das Unternehmen ist als Arbeitgeber gemäß § 12 AGG dazu verpflichtet, die Mitarbeitenden vor jeder Art der sexuellen Belästigung zu bewahren. Dies gilt unabhängig davon, ob dieses Fehlverhalten von Führungskräften, Arbeitskollegen, Kunden, Geschäftspartnern oder Lieferanten kommt.

2. Opferrechte wahren

Es ist wichtig, die Opferrechte zu wahren:

  • Beschwerderecht (§ 13 AGG): Betroffene haben das Recht, sich bei einer Beschwerdestelle, beim Betriebsrat oder direkt beim Arbeitgeber über die Belästigung zu beschweren.
  • Leistungsverweigerungsrecht (§ 14 AGG): Wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nachkommt, die Mitarbeitenden vor sexuellen Belästigungen zu schützen, dürfen die Betroffenen die Arbeitsleistung verweigern.
  • Entschädigungs- und Schadenersatzanspruch (§ 15 AGG): Wenn der Arbeitgeber seine Schutzpflicht nachweislich nicht oder nicht in ausreichender Weise erfüllt, kann ein Entschädigungs- und Schadenersatzanspruch bestehen.

Das Opfer darf durch die Beschwerde keine Nachteile erleiden. Der Arbeitgeber darf weder abmahnen noch eine Kündigung androhen, um das Opfer zum Stillschweigen zu bringen.

3. Maßnahmen ergreifen, um Wiederholungsgefahr auszuschalten

Nach einem sexuellen Übergriff muss das Unternehmen arbeitsrechtliche Maßnahmen aussprechen, um einer Wiederholungsgefahr entgegenzuwirken. Geeignet sind etwa Abmahnung, Versetzung und Kündigung.

4. Aufklärung und Kommunikation

Bei interkulturellen Teams müssen Arbeitgeber besonders bedächtig und sensibel vorgehen. Der Begriff der sexuellen Belästigung ist in verschiedenen Kulturen unterschiedlich definiert. Zudem sind sprachliche Missverständnisse zu beachten.

Es ist wichtig, als Arbeitgeber ernsthaft an das Thema heranzugehen, gemeldete Belästigungsfälle ernst zu nehmen und den Betroffenen Unterstützung zu bieten.