Die unbezahlte Freistellung ungeimpfter Arbeitskräfte durch den Arbeitgeber soll unzulässig sein, wenn das Gesundheitsamt (noch) kein behördliches Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat. Dies lässt sich aus der Rechtsprechung zum Bestehen einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht ableiten, über die beispielsweise das LAG Baden-Württemberg und das Arbeitsgericht Dresden zu entscheiden hatten.

Der Fall: Arbeitsfreistellung ungeimpften Personals

Dabei geht es um Personal ohne Genesungs- und Impfnachweis, das wegen einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht, die vom 15. März bis Dezember 2022 bestanden hat, vom Arbeitgeber freistellt wurde. Ein behördliches Tätigkeitsverbot des Gesundheitsamtes lag nicht vor. In einem der Fälle stellte ein Seniorenheim eine ungeimpfte Pflegehelferin frei, ohne ihr während dieser Freistellung Entgelt zu zahlen. Die Betroffene klagte auf Beschäftigung und die Zahlung einer Annahmeverzugsvergütung.

Das Urteil: kein Tätigkeitsverbot, daher Freistellung unzulässig

Sowohl das Arbeitsgericht Stuttgart als erste Instanz als auch das LAG Baden-Württemberg als zweite Instanz hielten die vom Arbeitgeber ausgesprochene Freistellung für unzulässig. Im Zeitraum der einrichtungsbedingten Impfpflicht habe kein gesetzliches Tätigkeitsverbot vorgelegen (Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 3. Februar 2023, Az. 7 Sa 67/22).

Zum selben Ergebnis kam das Arbeitsgericht Dresden im Falle einer Köchin, die als Beschäftigte einer Senioreneinrichtung mangels vorhandener Impfung unbezahlt freigestellt worden war. Hier sei danach zu unterscheiden, ob es sich um ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis oder eine Neuanstellung handle. Die Köchin sei bereits angestellt gewesen. Daher hätte der Arbeitgeber wegen des fehlenden Impfschutzes lediglich das Gesundheitsamt informieren müssen. Eine unbezahlte Freistellung sei hingegen unzulässig (Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 11. Januar 2023, Az. 4 Ca 688/22).

Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Tendenz ableiten, die sich auf die folgenden Argumente gründet. Ein Tätigkeitsverbot für Mitarbeiter darf gemäß § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG nur das Gesundheitsamt im Rahmen einer Einzelfallentscheidung anordnen. Wenn kein solches behördliches Tätigkeitsverbot vorliegt, hat der Arbeitgeber keine Berechtigung dazu, Mitarbeiter generell von der Arbeit freizustellen. Eine solche Freistellung darf auch aufgrund des Weisungsrechts nicht getroffen werden, bevor das Gesundheitsamt entschieden hat. Ob das BAG diese Rechtsansicht teilt, wird die Zukunft zeigen.