Ein Mitarbeiter, der aus seinem Beschäftigungsverhältnis vorzeitig aussteigt und nicht alle Urlaubstage genutzt hat, kann eine finanzielle Abgeltung einfordern. Das hat der EuGH im Falle eines italienischen Gemeindebediensteten entschieden, der frühzeitig in den Ruhestand getreten ist.

Der Fall: Gemeinde in Italien verwehrte Auszahlung von Resturlaub

Ein ehemaliger Verwaltungsleiter einer italienischen Gemeinde trat vorzeitig in den Ruhestand ein. Er forderte eine Abgeltung für 79 Urlaubstage, die er nicht genommen hatte. Laut einer italienischen Regelung gibt es für Beschäftigte im öffentlichen Dienst beim Austritt aus dem Dienstverhältnis keine Vergütung für Resturlaub. Die Gemeinde verweigerte daher die Auszahlung.

Das Urteil: EuGH bejaht Abgeltungsanspruch laut EU-Recht

Der EuGH sah diese Regelung als EU-rechtswidrig an (Verstoß gegen Artikel 7 der Arbeitszeitrichtlinie, RiLi 2003/88/EG). Demnach darf der Rechtsanspruch auf bezahlten Urlaub bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch eine Abgeltung erfüllt werden. Ein Verfall sei nur zulässig, wenn das Unternehmen diese Punkte belegen kann:

  • Aufforderung an den Mitarbeiter, die Urlaubstage zu nehmen
  • Hinweis auf den Verfall des Anspruchs
  • Mitarbeiter hat aus freier Entscheidung auf Urlaubstage verzichtet

Diese Nachweispflicht betrifft auch öffentliche Arbeitgeber. Das Unternehmen müsse gemäß der EU-Arbeitszeit-Richtlinie die Urlaubstage organisieren können. Allerdings diene der Urlaub vordergründig der Erholung der Mitarbeiter. Zudem müssten Arbeitgeber ihre Beschäftigten dazu auffordern, den Jahresurlaub zu nutzen. Der Urlaubsanspruch und dessen finanzielle Abgeltung dürfe somit nicht ausschließlich wirtschaftlichen Zwecken des Unternehmens untergeordnet werden. Im vorliegenden Fall wollte die Gemeinde öffentliche Auslagen reduzieren (Urteil des EuGH vom 18. Januar 2024, C-218/22). Der EuGH folgte damit seiner bisherigen Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung. Demnach erlöschen Urlaubsansprüche auch bei freiwillig beendeten Arbeitsverhältnissen nicht. Es können Abgeltungsansprüche entstehen. Die italienische Vorschrift widerspricht dem EU-Recht.

Im deutschen Rechtssystem gibt es hingegen einen Abgeltungsanspruch für Resturlaub, unabhängig davon, wie das Arbeitsverhältnis beenden worden ist. Dieser Anspruch ist in § 7 Absatz 4 BUrlG geregelt und EU-rechtskonform.