Das Landesarbeitsgericht Hamm durfte sich kürzlich mit einem beinahe lustigen Fall herumschlagen. Ein Arbeitnehmer hatte einen Büro-Roman verfasst, der teilweise auffällige Parallelen zu echten Kollegen an seinem eigenen Arbeitsplatz aufwies. Sein Arbeitgeber kündigte ihm daraufhin und der Romanautor erhob Kündigungsschutzklage.

Der Roman

Der Mitarbeiter war bereits seit über 10 Jahren bei der Arbeitgeberin beschäftigt und verfasste schließlich einen fiktiven Büro-Roman, in dem über typische Bürocharaktere hergezogen wurde – Titel: „Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“. Dies alleine wäre noch kein Problem gewesen, hätten sich nicht mehrere weitere Mitarbeiter des Küchenmöbelherstellers mit über 300 Arbeitnehmern in den Charakteren des Buches wiedererkannt. Schließlich verkaufte der Romanautor das Buch auch noch während der Arbeitszeit an seine Arbeitskollegen.

Die Kündigung

Die Arbeitgeberin kündigte dem Mitarbeiter fristlos, woraufhin dieser Kündigungsschutzklage erhob. Die Arbeitgeberin hatte sich schließlich zu ihren Gründen für die Kündigung zu äußern. Sie berief sich darauf, dass der Mitarbeiter mit seinem Roman den Betriebsfrieden gestört hätte. Dies galt insbesondere für drei Mitarbeiter, die sich durch den Roman persönlich angegriffen gefühlt hätten. Eine Mitarbeiterin benötigte anschließend sogar ärztliche Betreuung. Die Arbeitgeberin erkannte in dem Buch eindeutige Parallelen zwischen einigen Charakteren und Mitarbeitern des Buches sowie zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitgeber im Buch.

Die Entscheidung

Der Mitarbeiter und Romanautor hielt dagegen und berief sich auf die Kunstfreiheit, die gemäß Art. 5 Abs. 3 GG jedem Menschen in Deutschland zusteht. Er führte aus, dass er kein Tagebuch über seinen Büroalltag verfasst habe, sondern lediglich einen fiktiven Roman. Dass er sich dabei tatsächlicher Umstände aus seinem Arbeitsalltag bedient hat, konnte ihm seiner Meinung nach nicht zu Lasten gehen, da durch sie keine eindeutige Identifikation bestimmter Arbeitnehmer möglich war.

Das Arbeitsgericht Herford hatte sich schließlich mit der Kündigungsschutzklage zu beschäftigen. Es hielt fest, dass es keine Ansätze dafür gibt, dass der Roman tatsächlich in die Wirklich übersetzt werden könnte. Deshalb gab es der Klage des Arbeitnehmers statt. Doch auch die Berufung der Arbeitgeberin hatte keinen Erfolg: Auch das Landesarbeitsgericht Hamm entschied zugunsten des Romanautors (Urteil vom 15. Juli 2011, Az. 13 Sa 436/11). Die Arbeitgeberin selbst hatte im Prozess zugegeben, dass der Autor seine Ausführungen sehr überspitzt dargestellt hatte und die tatsächliche Situation im Betrieb anders aussähe. Dementsprechend könne sich die Arbeitgeberin nicht darauf berufen, dass der Arbeitnehmer zu deutliche Parallelen zu seinem Arbeitsleben zöge. Dies wäre laut der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nur dann möglich, wenn die Romanfiguren wirklich in allen Eigenschaften mit tatsächlich vorhandenen Personen übereinstimmen würden.

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