Das Hessische Landesarbeitsgericht musste kürzlich darüber entscheiden, ob der Verlust des Führerscheins einen Kraftfahrer seine Arbeitsstelle kosten kann. Der Kraftfahrer war während seiner Freizeit in eine Polizeikontrolle geraten und musste seinen Führerschein wegen eines erhöhten Alkoholspiegels abgeben.
Private Trunkenheitsfahrt
Der heute 51-jährige Mann war zum Zeitpunkt der Kündigung bereits seit 13 Jahren bei seinem Arbeitgeber als Kraftfahrer angestellt. Er ist schwerbehindert (Grad der Behinderung: 50) und stark untergewichtig bei nur 64 kg auf eine Größe 192 cm.
Der Kraftfahrer war vom Herbst 2009 bis zum April 2010 arbeitsunfähig geschrieben. Im Mai 2010 trat er bei seinem Arbeitgeber seine voraussichtlich zweimonatige Wiedereingliederung an. Dazu kam es allerdings nicht mehr, da er im Juni 2010 bei einer privaten Trunkenheitsfahrt ertappt wurde. Er geriet in eine Polizeikontrolle, bei der eine Blutalkoholkonzentration von 1,36 Promille nachgewiesen werden konnte. Daraufhin wurde ihm vorerst der Führerscheint entzogen und ein Strafbefehl erlassen.
Der Arbeitgeber reagierte auf den Vorfall mit einer ordentlichen Kündigung. Sie wurde im Juli 2010 ausgesprochen und sollte das Arbeitsverhältnis per 30. September 2011 beenden. Der Kraftfahrer wollte sich damit jedoch nicht abfinden und zog vor Gericht.
Die Argumente des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer stützte seine Kündigungsschutzklage auf folgende Argumente: Er sei aufgrund seiner erst kürzlich zurückliegenden Erkrankung und seines enormen Untergewichts nicht in der Lage gewesen, einzuschätzen, wie sich der Genuss von Alkohol auf seine Blutalkoholkonzentration auswirken würde. Aus seiner Sicht sei außerdem die Kündigung nicht erforderlich gewesen, da zum einen durch die Trunkenheitsfahrt niemandem ein Schaden entstanden sei und er zum anderen seine Fahrerlaubnis bereits im Juni 2011 wiedererhalten habe.
Hessisches LAG: Ordentliche Kündigung zulässig
Das Hessische Landesarbeitsgericht stellte sich hier aber wie bereits auch die Vorinstanz auf Seiten des Arbeitgebers. Genau genommen kann der Kraftfahrer sogar froh sein, dass ihm nicht fristlos gekündigt worden war, denn selbst dies hätten die Arbeitsrichter für gerechtfertigt gehalten. Die Richter hielten fest, dass weder die langjährige Beschäftigung, noch die Erkrankung oder das Untergewicht des Klägers für ihre Entscheidung eine Rolle spielten. Wichtig sei nur, dass er als langjähriger Kraftfahrer in der Lage sein müsste, die Folgen seines Alkoholkonsums im Straßenverkehr richtig einzuschätzen. Gerade die Tatsache, dass er sich trotz seiner Vorerkrankung und seines Untergewichts alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen hatte, ließ ihn besonders unverantwortlich erscheinen.
Dass kein Schaden entstanden ist und der Mann seinen Führerschein bereits nach einem Monat wiederbekommen hat, spielten für die Kündigung und die späteren Gerichtsverhandlungen keine Rolle mehr. Ausschlaggebend ist lediglich die Situation zum Zeitpunkt der Kündigung. Zu diesem Zeitpunkt war die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung definitiv unmöglich geworden, da keine Fahrerlaubnis vorlag. Deshalb erklärte auch das Hessische Landesarbeitsgericht die ordentliche Kündigung des Arbeitsgebers für zulässig (Urteil vom 1. Juli 2011, Az. 10 Sa 245/11).
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