Wenn ein Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit fit genug ist, an einem Marathon teilzunehmen, ist er auch fit genug, um die Arbeit zu gehen. So urteilten die Richter des Arbeitsgerichts Mannheim. Hegt der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, kann er die Entgeltfortzahlung sperren.
Regelmäßig haben Arbeitgeber das Problem, dass sie Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit ihrer Arbeitnehmer. Besonders wenn das Ende eines Arbeitsverhältnisses bevorsteht, werden Arbeitsunfähigkeitszeiten stets mit einem sehr kritischen Auge beäugt. Das Arbeitsgericht Mannheim hat jetzt ein wichtiges Urteil für diese Problematik gefällt.
Marathonlauf während der Arbeitsunfähigkeit
Eine Arbeitnehmerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis ordentlich. Zwei Wochen vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses ließ sie sich krankschreiben und legte dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über den Zeitraum von zwei Wochen vor. Der Arbeitgeber erhielt jedoch Kenntnis davon, dass die Arbeitnehmerin in der Mitte dieser zwei Wochen an einem Marathonlauf teilgenommen hatte. Darauf angesprochen erklärte sie, dass sie auf das Anraten ihres Arztes hin laufe, da sich dies bei ihrem vorliegenden psychischen Problem positiv auswirken könne.
Der Arbeitgeber hatte jedoch Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin und sperrte ihr die Entgeltfortzahlung für den Zweiwochenzeitraum, für den sie sich hatte krankschreiben lassen. Er war der Auffassung, dass die starke psychische Belastung, die ein Marathonlauf mit sich bringt, kaum für die Genesung bei einem psychischen Leiden geeignet sein könne. Die Arbeitnehmerin reichte Klage beim Arbeitsgericht ein, um sich ihre Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum zu sichern.
Arbeitsgericht verneint Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Die Richter am Arbeitsgericht Mannheim prüften den Fall umfassend und kamen zu demselben Ergebnis wie der Arbeitgeber: Es liegt kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung vor. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben gemäß § 440 ZPO den Anschein von Richtigkeit. Allerdings steht es dem Arbeitgeber natürlich frei, Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und damit auch Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigung zu hegen.
Auch die Richter hatten Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin. Bereits die Tatsache, dass sie ihren Arzt dazu bewegt hatte, sie gleich im Rahmen der Erstbescheinigung für zwei Wochen krankzuschreiben, ruft erste Zweifel hervor. Normalerweise werden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen maximal für eine Woche ausgestellt und bei Bedarf verlängert. Erschwerend kam hinzu, dass die Arbeitnehmerin an ihrem letzten Arbeitstag vor der Krankschreibung bereits ihren Schreibtisch ausräumte und ihren PC bereinigte. Sie wusste also offenbar bereits vor ihrem Gang zum Arzt, dass sie ihren Arbeitsplatz nicht noch einmal sehen würde.
Natürlich wog jedoch die Teilnahme an dem Marathon am schwersten und rief auch bei den Richtern berechtige Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit hervor. Auch sie sahen die psychische Belastung einer Teilnahme an einem solchen sportlichen Großereignis nicht für geeignet an, als Therapie bei psychischen Problemen zu dienen. Sie stellten allerdings klar, dass dies anders ausgesehen hätte, hätte man die Arbeitnehmerin gemütlich joggend im Wald angetroffen. Die Tatsache, dass die Klägerin der psychischen Belastung eines Marathons gewachsen war, aber anschließend die Arbeit nicht wieder aufgenommen hat, schürten die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zusätzlich.
Daher wurde die Klage der Arbeitnehmerin abgeschmettert und der Anspruch auf Entgeltfortzahlung verneint.
Urteil:
Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 3.2.2011, Az. 3 Ca 432/10
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