Kleindiebstähle durch Mitarbeiter am Arbeitsplatz werden häufig als Bagatelldelikte abgetan. Wie aber in anderen Artikeln schon gezeigt, kann auch die kleinste Verfehlung direkt zu einer fristlosen Kündigung führen. Besteht von Seiten des Arbeitgebers ein Verdacht, dass ein Mitarbeiter stiehlt, so besteht unter Umständen die Möglichkeit, Videomaterial zur Beweisführung zu verwenden.

Dafür gibt es allerdings klare Grenzen, wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom Juni 2012 (AZ 2 AZR 153/11) nochmals bekräftigte. Die Verwendung von aus einer verdeckten Videoüberwachung stammendem Beweismaterial im Rahmen des Prozesses ist demnach nicht ohne weiteres zulässig. Im unter diesem Aktenzeichen abgelegten Fall wurde in letzter Instanz die Kündigung einer langjährigen Mitarbeiterin behandelt, welche aufgrund eines per Videobeweis nachgewiesenen Diebstahls von Zigaretten entlassen worden war.

Der Hintergrund

Die Mitarbeiterin in besagtem Fall war bereits seit über 10 Jahren Angestellte eines großen deutschen Einzelhandelsunternehmens mit einer Vielzahl von Filialen im ganzen Land und hatte Aufgaben bis hin zur stellvertretenden Filialleiterin übernommen. Im Dezember 2008 installierte das Unternehmen mit Zustimmung des Betriebsrates für einen Zeitraum von 3 Wochen versteckte Videokameras, um den hohen Inventurdifferenzen auf den Grund zu gehen und zugleich dem Verdacht nachzugehen, dass Mitarbeiter des Unternehmens an diesen Differenzen beteiligt sind. Der Videomitschnitt zeigte eindeutig, dass die Mitarbeiterin bei zwei verschiedenen Gelegenheiten jeweils mindestens eine Zigarettenpackung entwendete. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber der Angestellten fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Das Urteil

Die gekündigte Mitarbeiterin reichte Klage gegen die Kündigung ein mit der Begründung, der Vorwurf des Diebstahls sei ungerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht lehnte dies ab und bekräftigte die ordentliche Kündigung nach Sichtung des Videomaterials. Das Bundesarbeitsgericht sah es allerdings anders und hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes bezüglich der Kündigungsschutzklage der Mitarbeiterin infolgedessen aufgehoben.

Außerdem wurde zugleich das Landesarbeitsgericht angewiesen, aufzuklären, ob die notwendigen Voraussetzungen der prozessualen Verwertung des Videomaterials zur Beweisführung gegeben sind. Es stellt sich damit nicht grundsätzlich gegen das gesprochene Urteil, sondern fordert nur eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes.

Bedeutende Vorgaben

Die Forderung des Bundesarbeitsgerichtes macht deutlich, dass eine verdeckte Videoüberwachung nur innerhalb enger Grenzen gesetzlich möglich und damit letztendlich auch zur prozessualen Verwertung erlaubt sei. Dies gilt beispielsweise bei Vorliegen eines konkreten Verdachts der strafbaren Handlung oder schweren Verfehlungen zu Lasten des Arbeitgebers.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Grundsätzlich muss das entsprechende Interesse des Arbeitgebers gegenüber dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Mitarbeiters abgewogen werden. Es hat nur dann höheres Gewicht, wenn die Art der Informationsbeschaffung trotz der mit ihr verbundenen Persönlichkeitsbeeinträchtigung als schutzbedürftig zu qualifizieren ist.

Im Falle einer verdeckten Videoüberwachung gilt das nur, falls der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers vorliegt, außerdem keine Möglichkeit zur Aufklärung durch andere – weniger einschneidende – Maßnahmen besteht und zudem die Videoüberwachung nicht unverhältnismäßig war.

Werden diese strengen Voraussetzungen erfüllt, stehen auch die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) der verdeckten Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen nicht entgegen. Paragraph 6 b Abs. 2 des BDSG gibt zwar vor, dass bei Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen die Tatsache der Beobachtung und die verantwortliche Stelle erkennbar zu machen sind. Allerdings kann man nicht davon ausgehen, dass durch einen Verstoß gegen diese Pflicht jedwede Videoüberwachungsmaßnahme an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen per se unzulässig wird.

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