Steht ein Betrieb vor dem finanziellen Aus drohen Massenentlassungen für die Belegschaft. Das Kündigungsschutzgesetz regelt Rechte und Pflichten des Arbeitgebers aber auch der Arbeitnehmervertretung. Grundlegend besteht für das Unternehmen die Pflicht den Betriebsrat über die drohende Insolvenz und die daraus resultierenden Massenentlassungen rechtzeitig und in Schriftform zu informieren.
Vom Bundesarbeitsgericht wurde nun aber bestätigt, dass dies nicht zwingend in einem offiziellen Schreiben zu erfolgen hat, sondern auch eine Vorabinformation ohne Unterschrift ausreicht, wenn im Nachhinein ein von beiden Seiten unterzeichneter Interessensausgleich vorgelegt wird. In diesem Fall sind die Entlassungen auch ohne eine unterzeichnete Vorab-Mitteilung gemäß Kündigungsschutzgesetz rechtens sobald der Betriebsrat eine offizielle Stellungnahme abgegeben hat.
Hintergrund und rechtliche Grundlagen
Im verhandelten Fall kam es im Zuge einer Firmen-Insolvenz zu Massenentlassungen. Im Zeitraum von 6 Wochen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kam es zu einem Interessensausgleich zwischen dem Unternehmen und dem Gesamtbetriebsrat. Dieses vom Gesamtbetriebsrat als Stellungnahme zu den Massenentlassungen unterzeichnete Dokument beinhaltete alle nach dem Kündigungsschutzgesetz notwendigen Information wie die Angaben der Gründe und eine Liste der betroffenen Betriebe bzw. Mitarbeiter. Ein der entlassenen Mitarbeiterinnen klagte gegen die ihr gegenüber nach dem Interessensausgleich ausgesprochene Kündigung mit der Begründung, dass der Betriebsrat nicht wie vom Kündigungsschutzgesetz gefordert, rechtzeitig, nämlich bei vorhersehbarer Insolvenz, in schriftlicher Form offiziell informiert worden war.
Begründung des Urteils
Klage und Revisionen hatten keinen Erfolg. Genauso wie die Vorinstanzen bestätigte auch das Bundesarbeitsgericht die Einschätzung, dass die Kündigung rechtens sei (AZ 6 AZR 155/11). Orientierungshilfe für die Wirksamkeit der Massenentlassungen sei die Einhaltung der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG, welche eine frühzeitige Unterrichtung des Betriebsrates vor allem mit dem Ziel vorsieht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um konstruktive Vorschläge zu sammeln, damit Massenentlassungen verhindert oder eingeschränkt werden können. Entscheidend sei außerdem eine schriftliche Stellungnahme durch den Betriebsrat, welche den vollständigen Erhalt der nach dem Kündigungsgesetz geforderten Informationen bestätigt.
Übertrag in die Praxis
In diesem Fall wurde vom Bundesarbeitsgericht entschieden, dass diese Stellungnahme mit der Unterzeichnung des Interessenausgleichs in der nötigen Form abgeben wurde und damit das Schriftform-Versäumnis der Vorabinformationen geheilt ist. Eine solche Frage kann im Alltag auch im Zusammenhang mit ganz anderen Themen auftreten. Auch, wenn in diesem Fall des Versäumnis keine weitreichenden, negativen Folgen für das Unternehmen hatte, so sollten Sie doch mitnehmen, dass es in jedem Fall empfehlenswert ist, die gesetzlichen Vorgaben und Pflichten zu prüfen und einzuhalten, um spätere Anfechtungen zu vermeiden.
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