Auch Fehltritte nach Feierabend können eine fristlose Kündigung des Angestelltenverhältnisses bedeuten. Darüber hat kürzlich das hessische Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz ein richtungsweisendes Urteil gefällt.
Der Fall: Hallenmeister belästigt Verwandtschaft des Kollegenkreises
Der Hallenmeister einer städtischen Kultureinrichtung hatte ein minderjähriges Mädchen im Herbst 2013 via Facebook-Chat sexuell belästigt. Bei der Zwölfjährigen handelte es sich um die Nichte seiner Arbeitskollegin. Diese informierte ihre Tante über den Vorfall, woraufhin ein Strafbefehl erlassen und dem 57-Jährigen fristlos gekündigt wurde. In einer ersten Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht in Frankfurt am Main focht der Betroffene die Entscheidung an. Ein eindeutig außerbetriebliches Verhalten könne in keinem Fall betriebliche Sanktionen legitimieren.
Die Entscheidung: Kündigung wegen Belastung des Betriebsklimas wirksam
Das hessische Landesarbeitsgericht wies die Klage des Hallenmeisters im Februar 2014 ab. Zwar hätten sich die Vorfälle tatsächlich außerhalb der Betriebszeiten ereignet, jedoch liege hier eine nach § 626 Abs. 1 BGB beschriebene Unzumutbarkeit der Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses vor. Da es sich bei dem Opfer der außerbetrieblichen Straftat um eine enge Angehörige einer Kollegin, bzw. Weisungsbefugten des Hallenmeisters handelte, sei das Arbeitsverhältnis eindeutig belastet und eine weitere Zusammenarbeit der Tante der Minderjährigen mit dem Hallenmeister nicht zumutbar. Das Landesarbeitsgericht beruft sich dabei auf ein vorheriges Urteil (Urteil des BAG vom 23. Oktober 2008, Az. 2 AZR 483/07 – NZA – RR 2009, 362), nach dem ein privates Fehlverhalten dann eine Dienstpflichtverletzung darstellt, wenn es das Betriebsklima wie in der hier gegebenen Art und Weise belastet. Auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seiner Angestellten begründe die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung.
Das Arbeitsverhältnis ist infolge des abschließenden Urteils mit sofortiger Wirkung beendet worden. Das hessische Landesarbeitsgericht hat hiermit ein Exempel statuiert: Eine vollständige Trennung von Privat-und Berufsleben kann auch das Arbeitsrecht nicht garantieren. Die Wahrung funktionierender, zwischenmenschlicher Beziehungen im Kollegenkreis ist durchaus als Bestandteil der Dienstpflicht zu betrachten. Das Ansehen einer Person hängt nicht allein von dem ab, was sie zwischen dem Ein- und Ausstempeln zur Schau stellt.
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