Ein beinahe schon klassischer Streitpunkt belastet die Arbeitswelt seit Jahren: Das Radio am Arbeitsplatz sorgt dafür, dass einige Mitarbeiter erst recht produktiv werden – und andere sich durch die Dauerbeschallung belästigt fühlen. Insbesondere Arbeitgeber betrachten die musikalische Untermalung während der Arbeitszeit häufig skeptisch, weil sie die Konzentration gefährdet sehen. Dürfen sie das Radiohören während der Arbeitszeit verbieten?

Verbot per Direktionsrecht: Meistens unzulässig
Ein generelles Verbot der Radiohörens ist – auch unter Berufung auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers – nicht so einfach durchsetzbar. Die Begründung des Bundesarbeitsgerichtes, welches sich bereits im Jahre 1986 bereits ausgiebig mit dem Thema befasste, zielte auf das Arbeitsverhalten ab. Die Richter sahen Letzteres durch ein laufendes Radio zumindest nicht grundsätzlich als gefährdet an. Beachtet werden muss aber, dass diese Entscheidung zwar für die meisten Arbeitsplätze Geltung haben dürfte, längst aber nicht für alle. Natürlich gibt es Jobs, bei denen ein Radio am Arbeitsplatz durchaus als sehr störend empfunden werden kann. Darunter fallen beispielsweise Tätigkeiten, die in Verbindung mit einer Kundenberatung stehen. Dass es sich schlicht nicht gehört, während eines Kundengesprächs das Radio eingeschaltet zu lassen, steht außer Frage. Sollte dies für einige Mitarbeiter keinesfalls so selbstverständlich sein, darf der Arbeitgeber hier natürlich ein Verbot aussprechen, weil eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung gegeben ist.

Mangelnde Sorgfalt: Radiohören kann untersagt werden
Ebenso kommen manche Mitarbeiter weniger gut mit der Ablenkung zurecht, die das Radio im Allgemeinen bietet. Der Arbeitnehmer ist aber aus dem Arbeitsvertrag zur Sorgfältigkeit verpflichtet. Kann also angenommen werden, dass die Arbeitsleistung unter dem Radio am Arbeitsplatz leidet, darf der Arbeitgeber auch laut bigKARRIERE hier ein Verbot aussprechen. Umgekehrt gilt aber auch: Ist die Arbeit nicht zu beanstanden, kann das Radiohören nicht einfach verboten werden.

Betriebsfrieden vs. Radio am Arbeitsplatz
Der Ansatzpunkt zum Verbot findet sich ansonsten eher im Zusammenleben innerhalb des Betriebes. Demnach lässt sich das Radiohören nicht in Hinblick auf eine vermeintlich zu erwartende, geringere Arbeitsleistung verbieten, wohl aber durch die mögliche Störung des Betriebsfriedens. Diese Begründung ist im juristischen Sinne durchaus von Bedeutung, denn bei der Wahrung der betrieblichen Ordnung ist die Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber gefragt (Mitbestimmungsrecht § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Konkret wird es also erforderlich werden, den Betriebsrat davon zu überzeugen, dass das Radiohören während der Arbeitszeit von einigen Mitarbeitern als störend empfunden wird. In der Praxis lassen sich natürlich in solchen Fällen häufig Kompromisse finden: Wenn im Vordergrund steht, andere Mitarbeiter nicht zu stören und muss am Arbeitsplatz auch sonst keine Kommunikation stattfinden, kann natürlich auch mit Kopfhörern Radio gehört werden.

Fazit: Konkreten Fall prüfen
Das Radio am Arbeitsplatz kann in der Regel nicht einfach vom Arbeitgeber verbannt werden. Erst wenn die Dauerbeschallung die Arbeitsleistung beeinträchtigt, ist ein Verbot möglich. Dabei dürfte es in der Praxis nicht immer einfach nachzuweisen sein, dass die mangelnde Sorgfalt eines Arbeitnehmers letztlich auf das Radiohören zurückzuführen ist. Sollten sich Kollegen derart gestört fühlen, dass der Betriebsfrieden in Gefahr ist, kann das Radiohören ebenfalls untersagt werden. Dann muss aber der Betriebsrat mit ins Boot geholt werden, weil er zusammen mit dem Arbeitgeber eine Einigung finden muss.