Die erteilte Erlaubnis des Arbeitgebers, dienstliche Betriebsmittel in einem bestimmten Ausmaß privat zu verwenden, ist nicht als Freibrief für den Privatgebrauch zu interpretieren. Wenn ein Arbeitnehmer seinen Dienstcomputer nutzt, um Bild- oder Tonträger für seinen Eigengebrauch oder für jenen seiner Kollegen anzufertigen, kann darin ein gerechtfertigter Kündigungsgrund zu sehen sein.
Der Fall: Anfertigung von Raubkopien mit dem Dienstrechner
Der Kläger stand seit 1992 als IT-Verantwortlicher in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Oberlandesgericht N. Im März 2013 entdeckte der Arbeitgeber auf der Festplatte eines vom Kläger genutzten Rechners über 6.400 Audio-, Bild- und Videodateien. Zudem wurde ebendort eine installierte Software zur Entfernung des Kopierschutzes vorgefunden. Der Arbeitgeber hatte Grund zur Annahme, dass der Kläger seinen Dienstrechner für die Anfertigung zahlreicher Raubkopien genutzt hatte. Der Kläger gestand zunächst, Kopien auch für andere Mitarbeiter angefertigt zu haben, um diese Aussage wenig später wieder zu revidieren. Es folgten die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber. Der Kläger reichte Kündigungsschutzklage ein.
Die Entscheidung: Außerordentliche Kündigung gerechtfertigt
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben dem Klagebegehren statt und erklärten die Kündigung für unwirksam. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichtes ergebe sich die Unwirksamkeit der Kündigung bereits aus dem Umstand, dass der Tatbeitrag des Klägers zur besagten Anfertigung der Raubkopien nicht geklärt sei. Außerdem habe der Beklagte durch die Durchführung eigener Erhebungen ohne Beteiligung der Strafermittlungsbehörden die für außerordentliche Kündigungen geltende Frist von 14 Tagen nicht eingehalten. Gegen die anderen involvierten Beschäftigten seien keine Sanktionen eingeleitet worden.
Nach erfolgreich eingebrachter Revision entschied das Bundesarbeitsgericht (Urteil des BAG vom 16. Juli 2015, Az. 2 Az 85/15), dass eine fristlose Kündigung auch dann infrage kommt, wenn der gekündigte Kläger nicht alle angelasteten Handlungen allein, sondern unter Mitwirkung seiner Kollegen getätigt habe. Aus der Erlaubnis, den Dienstrechner für bestimmte andere Privatzwecke verwenden zu dürfen, könne nicht auf die Zulässigkeit der angestellten Kopiervorgänge geschlossen werden. Nach Ansicht des BAG hemmen private Ermittlungen des Arbeitgebers den Beginn der zweiwöchigen Frist nach § 626 Abs. 2 BGB, sofern sie zügig vonstattengehen. Für die Entscheidung über die Unwirksamkeit einer Kündigung sei es irrelevant, ob der Arbeitgeber gegenüber anderen Beschäftigten vergleichbare Maßnahmen gesetzt habe. Das Bundesarbeitsgericht trifft damit die Grundsatzentscheidung, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz bei verhaltensbedingten Kündigungen nicht anwendbar ist.
Nach Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteiles ist neuerlich das Landesarbeitsgericht aufgefordert, den Sachverhalt zu klären. Mehr über dieses Urteil erfahren Sie bei Golem und Spiegel.de.
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