Jeder Personaler und mitunter auch viele Arbeitnehmer wissen: Verlässt der Mitarbeiter auf seinem Weg zur Arbeit bzw. von dort nach Hause den direkten Weg zwischen Wohn- und Arbeitsstätte, so verliert er seinen Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dass es von dieser Regelung auch Ausnahmen geben kann, zeigt ein aktuelles Urteil des Hessischen Landessozialgerichts.
Der Fall: Wegeunfall eines Lageristen
Ein in Eschborn beschäftigter Lagerist wollte seinen Dienst im Januar 2011 um 17.45 Uhr antreten. Auf dem Weg zur Arbeit wurde er gegen 17.15 Uhr in einen Unfall verwickelt. Das Problem: Der Unfall passierte, während er versuchte, auf einer vierspurigen Bundesstraße umzudrehen. Nicht nur, dass es sich dabei um ein verkehrswidriges Verhalten handelt, geschah dies auch noch außerhalb der normalen Fahrtstrecke zur Arbeit. Der Arbeitnehmer erlitt schwerste Verletzungen und lag zwei Wochen im Koma. Zehn Monate später, im November 2011, begann er mit der stufenweisen Eingliederung in seine bisherige Arbeit.
Probleme machte allerdings zwischenzeitlich die Berufsgenossenschaft. Da der Arbeitnehmer sich außerhalb des direkten, versicherten Wegs zur Arbeit befand, erkannte sie den Wegeunfall nicht an und verweigerte die Leistungen. Der Arbeitnehmer erhob dagegen Klage beim Hessischen Landessozialgericht.
Das Urteil: Berufsgenossenschaft muss zahlen
Als Begründung teilte der Mann mit, dass er nicht etwa ein anderes Ziel angesteuert habe, sondern weiterhin zur Arbeit fahren wollte. Lediglich ein Stau auf seiner Route habe ihn dazu bewogen, den direkten Weg zu verlassen. Durch schwierige Licht- und Wetterverhältnisse habe er sich verfahren und wollte deshalb wenden. Genauere Angaben konnte er zur Sache nicht mehr machen, da er infolge der erlittenen, schweren Schädel- und Hirnverletzung Erinnerungslücken hatte.
Dennoch sahen die Richter die Sache so wie er: Es sei offensichtlich, dass er unverändert seine Arbeitsstätte zum Ziel hatte. Auch wenn der Arbeitnehmer durch das verbotene Wendemanöver verkehrswidrig gehandelt habe, handle es sich dennoch um einen Versicherungsfall. Die Berufsgenossenschaft muss also zahlen (Urteil vom 14. Juli 2015, Az. L 3 U 118/13).
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