Ein kurioser Fall beschäftigte kürzlich die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit. Konkret musste sich das Landesarbeitsgericht Nürnberg mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Arbeitnehmer aus einer betrieblichen Übung heraus Anspruch darauf habe, eine Vergütung für nicht geleistete Arbeitszeit zu erhalten – der Arbeitnehmer klagte nämlich die Vergütung von Raucherpausen ein.

Der Fall: Gestrichene Arbeitszeit für Raucherpausen

Im Zuge der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes wurde bei der Arbeitgeberin eine neue Regelung für Raucherpausen eingeführt. Anstatt den Arbeitsplatz nach Belieben für eine Zigarette zu verlassen, mussten die Arbeitnehmer fortan sogenannte Raucherinseln benutzen. Zum 1. Januar 2013 folgte eine Betriebsvereinbarung, die regelte, dass zu diesem Zwecke am nächstgelegenen Zeiterfassungsgerät auszustempeln sei.

Ein Arbeitnehmer stellte schließlich fest, dass die Arbeitgeberin ihm in massivem Umfang Arbeitszeit abgezogen und die entsprechende Vergütung nicht ausgezahlt hatte. Konkret ging es um 210 Minuten im Januar 2013, 96 Minuten im Februar sowie stolze 572 Minuten im März. Im Juli 2014 klagte er auf Zahlung der fehlenden Vergütungsbestandteile. Dabei stützte er sich auf das Argument, dass eine betriebliche Übung entstanden sei, weil die Arbeitgeberin die Raucherpausen bisher gebilligt hatte.

Die Gegenargumente: Keine Besserstellung von Rauchern

Die Arbeitgeberin hingegen konnte diese Argumentationsweise nicht nachvollziehen. Ihre drei Gegenargumente waren:

  • Aus ihrer Sicht gab es keinerlei Hinweise oder Begleitumstände, aus denen heraus sich ergeben hätte können, dass sie den Willen habe, sich rechtsgeschäftlich zu binden. Tatsächlich hatte sie keinerlei Einfluss darauf, wie viele Raucherpausen die Mitarbeiter machten und welche Zeiten dabei konkret aufliefen.
  • Der Arbeitnehmer entscheidet von sich aus, dass er eine Raucherpause machen möchte. Während dieser Zeit erbringt er gezielt und aus eigenem Antrieb keine Arbeitsleistung. Eine Vergütung darf er dafür nicht erwarten.
  • Bezahlt die Arbeitgeberin Rauchern weiterhin ihre Raucherpausen, so würden sie gegenüber Nichtrauchern bessergestellt, die keine bezahlten Pausen erhalten. Auf ein Jahr gerechnet müssten starke Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern laut Aussage der Arbeitgeberin bis zu einen Monat weniger arbeiten, wollten aber dasselbe Entgelt erzielen.

Das Urteil: Klage des Rauchers abgeschmettert

Wie auch schon die Vorinstanz sprach sich das Landesarbeitsgericht für die Argumente der Arbeitgeberin aus und wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Als Hauptgrund dafür nannten die Richter die Tatsache, dass zwischen den Raucherpausen und der Erbringung der Arbeitsleistung keinerlei Zusammenhang besteht. Je stärker ein Zusammenhang gegeben ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass eine betriebliche Übung entstehen kann. Da es in diesem Fall jedoch tatsächlich keine Hinweise darauf gab, dass die Raucherpausen aufgrund der erbrachten Leistung bezahlt wurde, sahen die Richter keinen Grund, warum die Arbeitgeberin Arbeitszeit ohne jegliche Gegenleistung vergüten sollte (Urteil vom 5. August 2015, Az. 2 Sa 132/15). Lesen Sie bei LTO und Lohn1x1.