Dass selbst schwerwiegende Pflichtverletzungen nicht immer automatisch eine fristlose Kündigung rechtfertigen, ist im deutschen Recht keine Seltenheit. Dass der Arbeitgeber aber sogar einen eigenmächtigen Urlaubsantritt hinnehmen muss, wenn es sich um einen langjährigen Betriebsrat handelt, überrascht dann allerdings doch. Zu diesem Schluss kam das Arbeitsgericht Düsseldorf in einem vor wenigen Tagen ergangenen Urteil.

Der Fall: Eigenmächtiger Urlaubsantritt des Betriebsratsvorsitzenden

Ein Arbeitnehmer war in einer Gießerei angestellt, in der rund 1.050 Beschäftigte ihrer Arbeit nachgingen. Dort war er Mitglied des Betriebsrats, genauer gesagt sogar zum Betriebsratsvorsitzenden bestellt. Er wollte eine Weiterbildung besuchen, die von der Gewerkschaft veranstaltet wurde. Dies verweigerte der Personalleiter der Arbeitgeberin jedoch mehrfach. Einerseits in Hinblick auf dringend zu erledigende Aufgaben. Andererseits war der Urlaubsantrag zu kurzfristig eingereicht worden. Der Arbeitnehmer trat den zweitägigen Urlaub trotzdem und eigenmächtig an, ohne entsprechende Genehmigung seines Urlaubsantrags.

Die Arbeitgeberin stellte in der Folge beim zuständigen Arbeitsgericht Düsseldorf zwei Anträge. Einerseits sollten die Richter die Einwilligung des Betriebsrats ersetzen, die vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung gegenüber des Betriebsratsvorsitzenden notwendig ist. Zum anderen wurde der hilfsweise Antrag gestellt, den Arbeitnehmer vom Betriebsrat auszuschließen. Sie begründete diesen Antrag mit vermeintlichen Alleingängen des Betriebsratsvorsitzenden und der missbräuchlichen Nutzung der Beteiligungsrechte aus dem Betriebsverfassungsrecht. Konkret hatte er dafür gesorgt, dass über eine seitens des Arbeitgebers beantragte Mehrarbeit nicht entschieden wurde. Dadurch wurde der Druck auf die Arbeitgeberin erhöht, damit diese auf Ausschlussfristen verzichtete.

Der beklagte Arbeitnehmer hielt dagegen. Hinsichtlich des eigenmächtigen Urlaubsantritts berief er sich darauf, dass die Geschäftsführung seinen Urlaubsantrag bereits im Vorfeld genehmigt hatte. Dementsprechend habe es sich nicht um einen eigenmächtigen Urlaubsantritt gehandelt. Zudem stützte er seine Argumentation darauf, dass er berechtigt sei, selbst über die Lage seiner Arbeitszeit zu bestimmen, solange er dabei pflichtgemäß handelte. Dass er aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden sollte, lehnte der Arbeitnehmer mit der Begründung ab, dass diese Entscheidung dem Betriebsrat als Organ oblag und nicht ihm als Betriebsratsvorsitzenden.

Das Urteil: Weder Kündigung noch Ausschluss

Die Richter des Arbeitsgerichts Düsseldorf schmetterte die Klage der Arbeitgeberin ab (Urteil vom 10. März 2016, Az. 10 BV 253/15) und folgte weitgehend der Argumentation des Beklagten. Entscheidend für die Ablehnung der fristlosen Kündigung war jedoch in den Augen der Richter die Interessenabwägung. 15 Jahre Beschäftigung ohne Abmahnungen oder anderweitige Pflichtverletzung rechtfertigen offenbar einen Fehltritt. Dies gilt in diesem speziellen Fall insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber besonders hohe Voraussetzungen an die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds in Zusammenhang mit seiner Betriebsratstätigkeit knüpft.

Auch den Ausschluss aus dem Betriebsrat verneinten die Richter mit der Begründung, dass die Pflichtverletzungen nicht auf die Person des Beklagten, sondern auf den Betriebsrat in seiner Gesamtheit zu beziehen waren.

Dieser Fall zeigt eindringlich, wie wichtig es im arbeitsrechtlichen Ernstfall sein kann, einen spezialisierten Anwalt für Arbeitsrecht an seiner Seite zu wissen, der sich darauf versteht, die richtige Argumentation zu finden. So können selbst vermeintlich eindeutige Fälle doch noch zu einem günstigeren Ergebnis geführt werden.