Fehler passieren in Unternehmen täglich und obwohl an so vielen Stellen von der „Fehlerkultur“ die Rede ist, zeigt sich häufig ein ganz anderes Bild. Mitarbeiter werden „zusammengestaucht“, für ihren Fehler vor versammelter Mannschaft bloßgestellt oder mit Vorwürfen überhäuft. Dass dies keine offene Atmosphäre ist, in der man einen Fehler gerne zugibt, ist klar. Hier ist noch viel Umdenkarbeit erforderlich.

Negative Folgen von Angst

Übt man auf Mitarbeiter nach einem Misserfolg starken Druck aus, schimpft und zetert, so macht es den Fehler nicht ungeschehen. Auch kann es nicht verhindern, dass sie wieder auftreten werden. In erster Linie dient es dem Vorgesetzten, um sich abzureagieren und seinen Ärger abzubauen. Bei dem Betroffenen hingegen führt der Tadel zu Angst. Angst davor, wieder einen Fehler zu begehen und erneut Ärger zu bekommen.

Durch diese Befürchtungen fokussiert sich der Mitarbeiter stark auf seine Fehler. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit enorm, dass bald wieder Fehler auftreten. So entsteht eine Kettenreaktion: Der Mitarbeiter macht einen Fehler und wird ausgeschimpft. Die Angst wächst und schon bald treten die Misserfolge erneut auf, oftmals sogar gehäuft, was wiederum neuen Tadel nach sich zieht.

Angst macht risikoscheu

Aus der Angst resultiert jedoch noch ein größeres Problem: Wer für jeden Fehler zur Rechenschaft gezogen wird, wird mit der Zeit beginnen, Risiken zu meiden. Doch wie will das Unternehmen Neues ausprobieren, wachsen und ganz vorne mitspielen, wenn die Mitarbeiter nicht mehr bereit sind, Risiken einzugehen? Dies ist die für das Unternehmen ungünstigste Entwicklung, die jedoch gar nicht so selten ist.

Fehlerkultur statt Angstkultur? Fehler als Chancen sehen

Möchte man eine echte Fehlerkultur etablieren, in der nicht die Angst, sondern die Chancen regieren, ist ein radikales Umdenken erforderlich. Es ist notwendig, dass Führungskräfte ebenso wie die Mitarbeiter selbst Fehler als Chance begreifen. Als Chance zur Verbesserung. Als Chance, etwas Neues zu entwickeln. In diesem Bereich können Unternehmen viel aus dem Bereich des Sports lernen. In einem Interview des Red Bulletin mit dem Fußball-Trainer Ralph Hasenhüttl sagte dieser:

„Ich mag das, wenn ein Spieler dreimal ins Eins-gegen-eins geht und den Ball verliert, aber beim vierten Mal durchkommt. Denn nur wenn der Spieler weiß, dass er Fehler machen darf, wird jenes Risiko möglich, das uns erfolgreich macht. Da können auch mal zehn Aktionen misslingen, aber die eine, die dann funktioniert, adelt die zehn misslungenen davor.“

Nur wenn seine Spieler das volle Risiko eingehen, werden sie für ihre Bemühungen belohnt. Durch diesen Paradigmenwechsel führte Hasenhüttl seine Mannschaft binnen kürzester Zeit zum Erfolg.

Dies erfordert allerdings von allen Beteiligten die Fähigkeit, den momentanen Ärger auszublenden und den Fehler sachlich zu analysieren. Welche Ursachen haben dazu geführt, dass er passiert ist? Was könnte man zukünftig anders machen, damit solche Fehler nicht wieder geschehen? In vielen Fällen kann bei sachlicher Analyse dafür gesorgt werden, dass dieselben Fehler nicht wieder passieren. Es gibt aber auch Misserfolge, die einfach dem Zufall oder dem Zusammentreffen mehrerer Begleitumstände geschuldet waren. Die Beteiligten müssen die Bereitschaft zeigen, solche Fehler zu akzeptieren, ad acta zu legen und wieder zur Tagesordnung überzugehen.

Eine Fehlerkultur etablieren: Ein fortwährender Prozess

Eine Fehlerkultur zu etablieren, ist keine einmalige Angelegenheit, sondern ein fortwährender Prozess. Zunächst gilt es, die Ziele zu definieren. Obwohl es um die Akzeptanz von Fehlern geht, wird natürlich weiterhin angestrebt, diese zu verringern. Ziel ist es deshalb vor allem, Fehler durch die Analyse von vergangenen Misserfolgen zu verhindern. Übertriebener Perfektionismus schadet mehr denn er nutzt. Hasenhüttl sagt dazu im Red Bulletin:

„Aber im Fußball gibt es kein perfektes Spiel, kann es nie geben, und wenn man zu sehr danach strebt, kann das deine Erwartungshaltungen überfrachten. Man wird dann unzufrieden.“

Es bringt nichts, auf jedem Fehler herumzureiten, denn die perfekte Fehlerfreiheit wird es niemals sagen. Um es mit dem Volksmund zu sagen: „Wo gehobelt wird, da fallen Späne.“

Eines muss klar sein: Eine Unternehmenskultur verändert sich nicht von heute auf morgen. Stets handelt es sich um einen langfristigen Prozess. Jedes Mitglied der Belegschaft muss täglich daran arbeiten, eine positive Fehlerkultur einzuführen. Nur wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen, lässt sich ein solches Ansinnen umsetzen.