Was ist die menschliche Arbeitskraft im Zeitalter der Technologie wert? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Wissenschaft, die sich mit der Rolle des Menschen in der Arbeitswelt von morgen befasst.

Der Wert der menschlichen Arbeit in Zahlen

In der Studie „The trillion-dollar difference“ hat das Korn Ferry Institute einen Versuch gestartet, den Wert der menschlichen Arbeit in Zahlen zu erfassen. Im Gegensatz zu physischen Gütern wie Maschinen, Immobilien und Liegenschaften lässt sich der Beitrag des Menschen zur Leistung eines Unternehmens nur schwer beziffern und wird daher oftmals unterschätzt.

Die folgenden Werte der Ferry-Studie bilden das physische Kapital und das Humankapital in acht verschiedenen Ländern ab, deren Wirtschaftsstrukturen sich deutlich voneinander unterscheiden. Auffallend ist, dass in allen untersuchten Ländern die menschliche Arbeitskraft höher wiegt als die physischen Unternehmensgüter. An der Ratio erkennt man die Relation zwischen diesen zwei Unternehmenswerten. In den Ländern mit der größten Ratio, das sind in dieser Studie Großbritannien, die USA und Frankreich, nimmt der Dienstleistungssektor einen hohen Stellenwert in der Wirtschaft ein. Ein niedriger Ratio-Wert steht für eine starke Fokussierung auf Industrie und Landwirtschaft.

Humankapital Physisches Kapital Ratio
Großbritannien $27tn $6tn 4,32
USA $244tn $62tn 3,92
Frankreich $24tn $8tn 2,93
Brasilien $32tn $13tn 2,48
Australien $12tn $5tn 2,31
China $110tn $49tn 2,23
Südafrika $7tn $4tn 1,77
Indien $80tn $48tn 1,67

Die 800 befragten Topmanager aus diesen acht Ländern messen der Technologie eine große Bedeutung in der zukünftigen Arbeitswelt bei:

  • 67 Prozent schätzen den Technologie-Faktor höher ein als die menschliche Arbeitskraft
  • 63 Prozent sehen die Technologie als bedeutendstes Wettbewerbspotential der Zukunft
  • 44 Prozent denken, dass Automatisierung und eingesetzte Roboter den Menschen als Arbeitskraft weitgehend verdrängen werden

Welche menschlichen Arbeitskräfte lassen sich durch Technologie ersetzen?

Der Gedanke, dass der technologische Fortschritt die menschliche Arbeitskraft ersetzen könnte, ist nicht neu. Bereits im Jahr 1930 schrieb der Wirtschaftspolitiker John Maynard Keynes, dass in ungefähr hundert Jahren, also im Jahr 2030, der Mensch als Arbeitskraft ausgedient haben würde. Er war es auch, der für die technologisierte Arbeitswelt einen dreistündigen Arbeitstag und eine Arbeitswoche von 15 Stunden prognostizierte. Diese Prognosen entsprechen nicht der Realität. Allerdings ist die Technologie ein wichtiger Bestandteil der heutigen Arbeitsabläufe.

Roboter, die am menschlichen Körper Eingriffe vornehmen und in der Lagerhalle Güter von A nach B transportieren gehören bereits zum Arbeitsalltag. Je standardisierter die Arbeitsläufe sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Maschinen die Aufgaben von Menschen übernehmen. Eine bekannte Studie der Universität Oxford gab zu bedenken, dass von insgesamt 702 untersuchten Berufen in den USA 47 Prozent vom „Aussterben“ bedroht seien. Auf dieser Liste stehen unter anderem:

  • Telefonverkäufer
  • Schreibkräfte
  • Recherchemitarbeiter und Anwaltsgehilfen
  • Chauffeure, Taxifahrer und Paketzusteller

Soziale Kompetenz und Kreativität: Die Stärken des Menschen

Die künstliche Intelligenz hat ihre Grenzen. Wenn es um kreative Ideen und soziale Fähigkeiten geht, ist der Mensch der modernen Technologie überlegen. Dies deckt sich auch mit den Annahmen der Studienleiter Carl Benedikt Frey und Michael Osborne aus Oxford, die besagen, dass Physiotherapeuten und Sozialarbeiter zu den sichersten Berufsbildern der Zukunft gehören. Krankenschwestern und Pflegekräfte sowie Kinderbetreuer lassen sich laut Expertenmeinung ebenfalls nicht durch Roboter ersetzen. Dies gilt auch für Bereiche, in denen Überzeugungskraft und geschickte Verhandlungstechniken gefragt sind.

Laut der Ferry-Studie hat der Mensch außerdem das Potenzial, sich bei positiven Anreizen leistungsmäßig zu steigern. So gesehen können Arbeitgeber durch materielle und immateriale Mittel den Fleiß und die Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter erfolgreich fördern. Technologien wie Maschinen und Roboter lassen sich davon nicht beeindrucken. Darüber hinaus sammelt der Mensch im Laufe seiner Tätigkeit Wissen und Erfahrungen an und bereichert damit das Unternehmen in einem höheren Ausmaß. Technologische Güter verlieren hingegen mit zunehmender Betriebsdauer an Wert.

Die Technologie als Arbeitspartner des Menschen: Kooperation statt Konkurrenz

Es gibt auch Stimmen, die für eine positive Zusammenarbeit zwischen Technologie und Mensch plädieren. Sie sagen das Entstehen vieler neuer Arbeitsplätze voraus. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht beispielsweise davon aus, dass vor allem Jobs in den Bereichen Naturwissenschaft, IT und Technik dazukommen werden. So sind insbesondere Forscher und Entwickler gefragt, die die Technologisierung vorantreiben. Techniker und Ingenieure müssen die Maschinen und Roboter kontrollieren und warten. Zudem werden zeitliche Ressourcen freigesetzt. Durch die Abgabe standardisierter Arbeitsprozesse an Roboter hat der Mensch nämlich mehr Zeit, sich kreativen Beschäftigungen zu widmen und soziale Tätigkeiten auszuüben.

Quelle: Wollmilchsau