Vermehrte Krankenstandszeiten bringen den Unternehmensalltag durcheinander. So mancher Chef stellt sich ab und an die Frage, ob krankgemeldete Arbeitnehmer tatsächlich an einer Krankheit leiden oder die Arbeitsunfähigkeit nur vorgeben. Um vorgetäuschte Krankheitsfälle zu vermeiden, entscheiden sich einige Unternehmen dazu, eine sogenannte Anwesenheitsprämie einzuführen.

Was ist eine Anwesenheitsprämie?

Wer eine Anwesenheitsprämie zahlt, belohnt seine Mitarbeiter für den Umstand, dass sie zur Arbeit erscheinen und am Arbeitsplatz anwesend sind. Der Grund für die Auszahlung einer solchen Zusatzzuwendung liegt auf der Hand: Mit diesem materiellen Anreiz sollen Fehlzeiten reduziert werden. Es geht darum, die Mitarbeiter davon abzuhalten, die Arbeit zu schwänzen und bei jedem noch so kleinen Unwohlsein daheim zu bleiben.

Im arbeitsrechtlichen Sinn handelt es sich bei der Anwesenheitsprämie um eine Sondervergütung, die als Zusatzleistung zum Grundgehalt vereinbart werden kann. Ein Anwesenheitsbonus setzt eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und seinen Mitarbeitern voraus. Andernfalls ist sie rechtlich unwirksam. Im Sinne der Rechtssicherheit sollte die Auszahlung eines Anwesenheitsbonus im Arbeitsvertrag detailliert geregelt werden. Mündliche Absprachen gelten demgegenüber als Unsicherheitsfaktor.

Wie können Arbeitgeber eine Anwesenheitsprämie in der Praxis regeln?

In der Unternehmenspraxis greifen Chefs insbesondere darauf zurück, die Anwesenheitsprämie in Abhängigkeit von der Anzahl der Fehltage zu staffeln. Dieses Beispiel demonstriert einen möglichen Ansatz für eine solche Staffelung:

  • weniger als fünf Tage krankheitsbedingtes Fernbleiben: Bonus von 1.000 Euro
  • bei fünf bis zehn krankheitsbedingten Fehltagen: 500 Euro

Arbeitgeber können den Anwesenheitsbonus in unterschiedlichen Formen auszahlen, nämlich als:

  • Entgeltzuschlag zum laufenden Gehalt, der pro Anwesenheitsstunde verrechnet wird
  • monatliche Zusatzleistung, die für eine festlegte Mindestanwesenheitszeit gilt
  • jährliche Sonderzahlung

Für den Fall, dass der Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt, kann das Unternehmen die Anwesenheitsprämie höchstens um ein Viertel des durchschnittlichen Tagesgehalts herabsetzen (§ 4a EFZG). Der Arbeitgeber darf diesen Anwesenheitsbonus jedoch nicht kürzen, wenn der Mitarbeiter bezahlten Erholungsurlaub nimmt oder sich eine Arbeitnehmerin in Mutterschutz befindet. Im Falle eines unbezahlten Sonderurlaubs ist eine Kürzung jedoch möglich.

Welche Auswirkungen hat eine Anwesenheitsprämie?

Bezüglich der Auswirkungen dieses Anreizes gehen die Meinungen auseinander. Einige Unternehmen berichten davon, dass die Einführung von Anwesenheitsboni positive Folgen hatte:

  • Reduzierung der Abwesenheitszeiten, insbesondere starkes Sinken der Kurzzeiterkrankungen
  • Kostenreduktion
  • geringere Zusatzbelastung für die Kollegen

Die vereinbarte Anwesenheitsprämie kann jedoch auch nachteilige Folgen haben:

Arbeitsunfähige Mitarbeiter

Wenn Arbeitnehmer trotz einer Krankheit zur Arbeit erscheinen, besteht die Gefahr, dass sie

  • ihre Arbeitsleistung nicht vollständig erfüllen, Fehler machen oder Unfälle verursachen
  • gesunde Kollegen anstecken
  • ihre Erkrankung verschlimmern und für längere Zeit ausfallen

Dieser sogenannte Präsentismus, das heißt die Anwesenheit am Arbeitsplatz trotz Krankheit, ist aus ärztlicher Sicht bedenklich und kann hohe Kosten verursachen.

Mobbingopfer

Für Mitarbeiter, die im Unternehmen gemobbt werden, ist ein Anwesenheitsbonus nicht zielführend. Sie verzichten aus berechtigten Gründen – wie zum Beispiel aus Angst vor den Beleidigungen der Kollegen – auf die Zusatzvergütung, während die Täter durch zusätzliches Geld belohnt werden. Damit wird das eigentliche Problem, nämlich das Mobbing, noch verstärkt.

Anwesenheit vs. Leistung

Die Zahlung einer Sondervergütung kann den Anschein erwecken, dass es weniger um die Arbeitsleistung, sondern vielmehr um die reine Anwesenheit geht. Dadurch sinkt möglicherweise die Leistungsbereitschaft der Belegschaft.

Negative Signalwirkung

Außerdem kann eine Anwesenheitsprämie eine negative Signalwirkung innerhalb und außerhalb des Unternehmens entfalten. Die auszahlenden Unternehmen könnten damit andeuten, dass das schlechte Arbeitsumfeld und Betriebsklima mit der Zahlung einer Sondervergütung ausgeglichen werden soll.

Intrinsische Arbeitsmotivation

Bei Mitarbeitern, die aus ihrem inneren Antrieb heraus gerne zur Arbeit kommen, kann sich der materielle Anreiz negativ auswirken. Da der finanzielle Aspekt in den Vordergrund rückt, besteht die Gefahr, dass die intrinsische Arbeitsmotivation sinkt.

Diese Vor- und Nachteile helfen dabei, sich die Konsequenzen dieser Sondervergütung vor Augen zu halten. Ob eine Anwesenheitsprämie das richtige Mittel gegen Abwesenheitszeiten ist, muss jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden.