Der Büromarkt in Deutschland entwickelt sich prächtig. Dies spiegelt sich nicht nur im kontinuierlichen Anstieg der Bürobeschäftigten wider, sondern auch in den steigenden Mietpreisen sowie den seit Jahren sinkenden Leerstandsquoten. Wäre es da aus unternehmerischer Sicht nicht gerade richtig, auf solche Bürodesigns zu setzen, die Kosteneinsparungen durch Reduktion der Büroausstattung versprechen? Und sollte man die Arbeit nicht gar derart zu organisieren versuchen, dass sie prinzipiell von überall verrichtet werden kann und Büros entsprechend immer weniger gebraucht werden? Ganz klar nein, sagt Christian Scholz, Professor für Betriebswirtschaft an der Universität des Saarlandes.

Dass die Mietkosten für Büros in den letzten Jahren immer weiter gestiegen sind und auch für die nächsten Jahre keine Entspannung in Sicht ist, ist weder neu noch geheim. Die Spitzenmieten an den deutschen Top-Standorten haben zum Teil die Marke von 30 Euro pro Quadratmeter mittlerweile bereits deutlich geknackt. Und auch die Leerstände bewegen sich vielerorts derzeit weit unter der 5-ProzentMarke, die nicht zu unterschreiten, für einen funktionierenden Markt aber nachgerade essentiell sei, wie Angermann in ihrem Büromarktbericht für Berlin für das dritte Quartal 2017 berichtet. Hier sei der Leerstand bei nur noch 2,3 Prozent angelangt. Entsprechend gestaltet sich auch die Bürosuche immer schwieriger. Nicht nur muss man sehr vorausschauend agieren, auch gilt es, sich damit mehr oder weniger abzufinden, dass etwa bei Umzügen infolge einer Geschäftserweiterung mit deutlich höheren Mietpreisen gerechnet werden muss. Damit verbunden steigt momentan auch der Bedarf für professionelle Beratung bei der Bürosuche.

Eine weitere Konsequenz ist, dass so mancher Unternehmer angesichts der steigenden Mietkosten annimmt, er könnte durch Einsparungen bei der Büroausstattung sowie der Arbeitsorganisation im Gegenzug Kosten senken. Hierzu werden nicht selten Konzepte wie Open-Space-Büros oder das Work-Life-Blending bemüht, die das eigentliche Ziel der Kosteneinsparung mit Flexibilitäts-, Individualitäts- und ganz grundsätzlich mit Freiheitsversprechen amalgamieren und so auf den ersten Blick ja auch ganz attraktiv wirken. Auf den zweiten Blick bewirken sie jedoch das genaue Gegenteil – so meint jedenfalls der Betriebswissenschaftler Christian Scholz.

Im Endeffekt höhere Kosten

War das Konzept der Work-Life-Balance noch daran ausgerichtet, Arbeit und Freizeit in ein vernünftiges Verhältnis zu setzen, meint das Work-Life-Blending ein nahtloses Verschmelzen beider, ehemals als getrennt voneinander gedachter Sphären. Eine Arbeits- und Freizeit gibt es dann strenggenommen nicht mehr. Vielmehr könne man dann sowohl Privates auf der Arbeit, aber eben auch Arbeit im Privaten erledigen. Die Diskussionen um fehlende Büroplätze und Überstunden könnten damit versickern, da Arbeitnehmer ja schließlich mehr Autonomie hätten und selbstbestimmter arbeiten würde, so die Suggestion. Ergänzend sollen Open-Space-Büros den privaten Arbeitsplatz obsolet werden lassen. Man arbeitet dort, wo gerade Platz ist, spielt zwischendurch Kicker oder Billiard – Kreativität, Kommunikation und Flexibilität sollen so gefördert werden. Und überhaupt soll man nicht einmal mehr das Gefühl haben, dass man fremdbestimmt für jemanden arbeitet. Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen vereinigen sich. Dabei, so schreibt Scholz im Manger Magazin, hegen die Unternehmer natürlich bestimmte Nutzenkalküle: Nicht nur möchte man schlichtweg an der Büroausstattung sparen, sondern durch die offen gestalteten, entindividualisierten Arbeitsplätze auch indirekte Kontrollmöglichkeiten ausweiten. Jeder wird von jedem immer beobachtet und kontrolliert. Dadurch, ebenso wie durch das Work-Life-Blending, verspricht man sich Produktivitätssteigerungen, da sich die Arbeitnehmer so noch mehr selbstausbeuten würden. Tatsächlich gehe dies jedoch nicht auf, meint Scholz.

Psychische Erkrankungen und Tricks zur Umgehung von Kontrolle

Aufgrund der „metastasenartigen Durchdringung des Privatlebens durch den Beruf“ komme es zu einem „Zwang zur Selbstausbeutung“, so der Betriebswissenschaftler. Arbeitnehmer würden dann immer öfter psychisch krank (Stichwort. Burnout) oder entwickelten Strategien, sich diesem Zwang sowie den permanenten Transparenzanforderungen der Open-Space-Büros zu entziehen. Dieses, im Prinzip schon seit Frederick Taylors „wissenschaftlicher Betriebsführung“ bekannte, Phänomen führe letztendlich dazu, dass das, was man sich an Kosteneinsparungen und Produktivitätszuwächsen als Arbeitgeber erhoffe, in das genaue Gegenteil umschlage, nämlich höhere Kosten und weniger Produktivität. Sicherlich: Manchen wenigen mag das Gläsern-Sein sowie die Vermischung von Arbeit und Freizeit nichts ausmachen. Für die Mehrheit aber gilt: Die Quelle jeglicher guter Leistung und jeglicher Kreativität ist »echte« Muße und damit verbunden die Möglichkeit, »echte« Privatheit in Anspruch nehmen zu können. Statt eines Work-Life-Blendings wäre also für beide Parteien vielmehr eine Work-Life-Separation sinnvoll.