Ein Mitarbeiter wird verdächtigt, sich an einer Jihad-Bewegung beteiligen zu wollen. Dieses vermutete Naheverhältnis zur salafistischen Gruppierung und der vorsorgliche Entzug des Reisepasses können eine Kündigung nicht rechtfertigen. Zu dieser Rechtsansicht kam das Landesarbeitsgericht Niedersachsen.

Der Fall: Kündigung wegen vermuteter Beteiligung an Jihad-Gruppierung

Der Kläger, ein gebürtiger deutscher Staatsbürger, arbeitete seit dem Jahr 2008 bei der beklagten Volkswagen AG als Montagearbeiter. Die Arbeitgeberin sprach gegenüber dem Kläger eine Verdachtskündigung aus, weil es Verdachtsmomente gab, wonach er sich an einer kampfbereiten Jihad-Bewegung beteiligen wolle. Zudem schrieben ihn die Behörden zur Kontrolle und Grenzfahndung aus. Die Bundespolizei hinderte den Kläger daran, im Dezember 2014 einen Flug nach Istanbul anzutreten und nahm ihm den Reisepass ab. Die Beklagte rechtfertigte ihre Verdachtskündigung damit, dass der Montagearbeiter den Frieden und die Sicherheit im Unternehmen gefährde würde. Anfang 2018 bekam der Kläger einen neuen Reisepass. Seine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht blieb erfolglos.

Das Urteil: Bloßer Verdacht und Reisepassentzug rechtfertigen Kündigung nicht

In der Berufung konnte er sein Klagebegehren durchsetzen. Eine Revision ist jedoch möglich. Laut Landesarbeitsgericht Niedersachsen sei der bloße Verdacht, dass der Kläger einer kämpferischen Jihad-Bewegung angehöre, kein ausreichender Grund, um das Beschäftigungsverhältnis zu kündigen (Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12. März 2018, Az. 15 Sa 319/17). Dies gelte auch für die Tatsache, dass dem Montagearbeiter der Reisepass aus Präventionsgründen entzogen worden war. Diese außerbetrieblichen Umstände könnten die Kündigung nur dann rechtfertigen, wenn das Beschäftigungsverhältnis dadurch nachweislich gestört wäre. Nach Ansicht der Richter konnte die Beklagte diesen Nachweis nicht erbringen. Ebenso wenig konnte sie einen dringenden Verdacht nachweisen, wonach der Montagearbeiter den Frieden und die Sicherheit im Unternehmen gefährden würde.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen folgte der Rechtssprechung zur Verdachtskündigung. Demnach müsse zwischen den außerbetrieblichen Umständen und den arbeitsvertraglichen Pflichten ein Zusammenhang bestehen, der die Kündigung rechtfertigen könne.