Arbeitnehmer, die wegen einer neuen Erkrankung eine weitere Entgeltfortzahlung einfordern, müssen beweisen, dass sie zu diesem Zeitpunkt die erste Arbeitsunfähigkeit bereits überwunden hatten. Andernfalls scheidet aufgrund der Einheit des Verhinderungsfalls ein zusätzlicher Entgeltfortzahlungsanspruch aus.

Der Fall: Keine Entgeltfortzahlung bei neuer Erkrankung nach erster Arbeitsunfähigkeit

Die Klägerin, eine Altenpflegefachkraft, war im Jahr 2017 zunächst wegen eines psychischen Leidens arbeitsunfähig und erhielt von der beklagten Arbeitgeberin Entgeltfortzahlung bis 20. März 2017. Anschließend bekam sie auf Basis hausärztlicher Bescheinigungen Krankengeld bis 18. Mai 2017. Am 19. Mai 2017 hatte sie eine gynäkologische Operation, wobei ihr eine Gynäkologin eine Arbeitsunfähigkeit bis 30. Juni 2017 bescheinigte. In diesem rund sechswöchigen Zeitraum bezog sie weder Entgeltfortzahlung noch Krankengeld.

Die Altenpflegerin klagte die Arbeitgeberin auf Zahlung von 3.364,90 Euro brutto inklusive Zinsen. Sie berief sich auf die neue Erkrankung und wies darauf hin, dass die vorherige psychische Erkrankung bereits beendet war. Die Beklagte verweigerte diese Zahlung unter Berufung auf einen einheitlichen Verhinderungsfall. Der Klägerin stehe nur ein einmaliger Entgeltfortzahlungsanspruch infolge Krankheit für sechs Wochen zu.

Das Urteil: einheitlicher Verhinderungsfall, keine weitere Entgeltfortzahlung

Das Arbeitsgericht bejahte einen Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung. Vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen und dem Bundesarbeitsgericht blieb die Klage hingegen erfolglos. Der Altenpflegerin war es laut BAG nicht gelungen, zu beweisen, dass sie die erste Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der neuerlichen Arbeitsverhinderung bereits überwunden hatte (Urteil des BAG vom 11. Dezember 2019, Az. 5 AZR 505/18). Sie konnte nicht entkräften, dass kein einheitlicher Verhinderungsfall vorlag. Das ergab sich aus der umfangreichen Beweisaufnahme, die Einvernahmen aller Ärzte der Klägerin vorsah.

Besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Arbeitsverhinderung, muss der Mitarbeiter beweisen, dass kein einheitlicher Verhinderungsfall vorliegt. Andernfalls scheidet ein weiterer Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus. Die Beweislast für den Beginn und das Ende der Arbeitsverhinderung liegt beim Arbeitnehmer.