Der Betriebsrat kann die Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung nicht erzwingen. Ein solches Initiativrecht hatte das Bundesarbeitsgericht verneint, weil es in dieser Frage bereits eine gesetzliche Verpflichtung gibt. Anders sieht es bei der Art und Weise der Zeiterfassung aus. In der Frage, wie die Arbeitszeit im Unternehmen zu erfassen ist, steht dem Betriebsrat sehr wohl ein Initiativrecht zu. Dies ergibt sich aus einem Beschluss des LAG München auf Grundlage der BAG-Rechtsprechung.

Konkreter Fall zur Arbeitszeiterfassung von Außendienstmitarbeitern

Der Betriebsrat verlangte vom Arbeitgeber, über die Form der Arbeitszeiterfassung von Außendienstmitarbeitern zu verhandeln. Bezüglich der Erfassung der Arbeitszeit von Innendienstmitarbeitern bestand bereits eine Konzernbetriebsvereinbarung.

Das Unternehmen lehnte es ab, mit dem Betriebsrat bezüglich der oben genannten Arbeitszeiterfassung von Außendienstmitarbeitern in Verhandlungen einzutreten. Es berief sich darauf, sich grundsätzlich für ein elektronisches Zeiterfassungssystem entschieden zu haben. Allerdings wolle das Unternehmen die geplanten Gesetzesregelungen abwarten, ehe es eine endgültige Entscheidung fällt. Es baue darauf, dass für Außendienstmitarbeiter keine verpflichtende Arbeitszeiterfassung beschlossen werde.

Betriebsrat kommt Mitbestimmungsrecht über Form der Erfassung zu

Dieses Argument ließ das LAG München nicht gelten, das auf Antrag des Betriebsrats sogleich eine Einigungsstelle bestellte. Es verwies auf die BAG-Rechtsprechung. Das Bundesarbeitsgericht hatte in der Vergangenheit bereits festgehalten, dass zur Frage, wie die Arbeitszeiterfassung auszugestalten ist, dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zukommt (Urteil des BAG vom 13 September 2022, Az. 1 ABR 22/21). Deshalb dürfe das Unternehmen Verhandlungen in diesem Punkt nicht verweigern, auch wenn die entsprechende gesetzliche Regelung noch ausstehe.

Laut Ansicht des LAG München kann das Unternehmen nicht im Alleingang eine Vorentscheidung über die Form der Arbeitszeiterfassung fällen, die mitunter sogar dem Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats unterliegt. Wenn es darum gehe, über die beste Form der Zeiterfassung zu entscheiden, dürfe der Betriebsrat mitbestimmen (Beschluss des LAG München vom 22. Mai 2023, Az. 4 TaBV 24/23).

Mögliche Konsequenzen in der Praxis

Diese Entscheidung zeigt, dass Unternehmen in dieser Frage den Betriebsrat beteiligen müssen und nicht auf das Inkrafttreten der gesetzlichen Vorschriften warten dürfen. Demnach kann der Betriebsrat Vereinbarungen über die Art und Weise der Arbeitszeiterfassung im Unternehmen erzwingen.

Dabei sind allerdings Konsequenzen zu beachten. Sobald die entsprechenden gesetzlichen Regelungen in Kraft sind, könnte der Fall eintreten, dass bereits getroffene Vereinbarungen mit dem Betriebsrat ungültig werden und daher auf Basis der Rechtsgrundlage neuerlich Verhandlungen zu führen sind. Aufgrund dieser rechtlichen Unsicherheit sollten Unternehmen darauf achten, dass sie etwaige Vereinbarungen im Bedarfsfall zeitnah kündigen können und sie deren Nachwirkung – sofern dies rechtlich umsetzbar ist – ausschließen.

Das entsprechende Gesetz lässt noch auf sich warten. Laut Gesetzesentwurf soll die Arbeitszeiterfassung grundsätzlich elektronisch erfolgen. Allerdings wird es voraussichtlich möglich sein, per Betriebs- und Dienstvereinbarung abweichende Regelungen zu treffen. Eine Übergangszeit für kleinere Unternehmen soll ebenfalls kommen.