Eine Teilzeitbeschäftigung berechtigt Arbeitgeber nicht dazu, den Stundenlohn im Vergleich zur Vollzeitbeschäftigung zu kürzen, wenn keine sachliche Rechtfertigung vorliegt. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts.
Der Fall: weniger Stundenlohn bei gleicher Tätigkeit in Teilzeit
Der klagende Rettungsassistent arbeitete als geringfügig Beschäftigter bei der Beklagten. Er erhielt als „nebenamtlicher“ Rettungsassistent einen Stundenlohn von 12 Euro brutto. Die „hauptamtlichen“ Rettungsassistenten bekamen hingegen 17 Euro brutto pro Stunde. Der Kläger kann Wunschtermine für Arbeitseinsätze nennen und bei kurzfristigen Ausfällen von hauptamtlichen Kollegen deren Dienste übernehmen. Es besteht keine einseitige Dienstzuweisung seitens der Beklagten. Arbeitsvertraglich ist eine durchschnittliche Anzahl von 16 Arbeitsstunden monatlich festgelegt. Der Kläger darf auch mehr Stunden für den Rettungsdienst leisten und muss sich aktiv um Arbeitsschichten bemühen.
Er forderte für die Zeitspanne von Januar 2020 bis April 2021 eine Vergütungsnachzahlung in Höhe von 3.285,88 Euro, weil er die geringere Vergütung im Vergleich zu seinen hauptamtlichen Kollegen als Diskriminierung wegen seiner Teilzeitbeschäftigung ansah.
Der Rettungssanitäter leistete dieselbe Tätigkeit wie die hauptamtlichen Rettungsassistenten. Die Beklagte verteidigte die geringere Stundenvergütung mit einem höheren organisatorischen Aufwand bei Teilzeitmitarbeitern und einer besseren Planungssicherheit bei Vollzeitmitarbeitern. Darüber hinaus müssten die Vollzeitmitarbeiter zu bestimmten Arbeitsdiensten verpflichtend erscheinen.
Das Urteil: niedrigere Stundenvergütung sachlich nicht gerechtfertigt
Das erstinstanzliche Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht München sprach dem Kläger die Nachzahlung hingegen zu. Im Revisionsverfahren entschied das Bundesarbeitsgericht zugunsten des Rettungsassistenten. Der geringere Stundenlohn des nebenamtlichen Rettungsassistenten stelle eine unsachliche Benachteiligung dar und sei als Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (§ 4 Absatz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz) zu werten.
Im vorliegenden Fall seien Voll- und Teilzeitmitarbeiter gleichermaßen qualifiziert und mit den gleichen Arbeitsaufgaben betraut. Den behaupteten höheren Planungsaufwand bei nebenamtlicher Beschäftigung ließ das BAG als sachlichen Rechtfertigungsgrund für die Vergütungsdifferenz nicht gelten (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2022, Az. 5 AZR 108/22).
Praktische Anwendung des Urteils
Demnach ist geringfügig Beschäftigten und anderen Teilzeitmitarbeitern dieselbe Stundenentlohnung zu zahlen wie Vollzeitmitarbeitern, wenn die gleiche Qualifikation und der identische Tätigkeitsbereich vorliegen. Dies betrifft auch Minijobbber, die hinsichtlich des Arbeitsumfangs und der Lage der Arbeitszeit weisungsfrei sind.
Der gleichwertigen Vergütung liegt der Grundsatz zugrunde, dass sich eine Teilzeitbeschäftigung nur in mengenmäßiger, nicht aber in inhaltlicher Hinsicht von einer Vollzeitbeschäftigung unterscheidet.
Dieses Urteil ist auch insoweit für die Praxis relevant, weil es solche Teilzeitbeschäftigungen, bei denen Mitarbeiter Wunscharbeitszeiten nennen können, nicht nur im Rettungswesen, sondern auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen gibt.
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