Der Arbeitgeber muss ein Arbeitszeugnis, in dem er einen Mitarbeiter böswillig mit ungenügend eingestuft hat, berichtigen. Dies gilt dann, wenn der Arbeitnehmer den Zeugnisinhalt als sittenwidrig beanstandet hat. Der Anspruch auf Zeugnisberichtigung könne im Einzelfall auch nach zwei Jahren noch bestehen, wie das LAG Baden-Württemberg entschieden hat.
Der Fall: Mitarbeiter erhält ungenügendes Arbeitszeugnis
Der klagende Vertriebsmitarbeiter kündigte im März 2019 nach mehreren erfolgreich bekämpften Arbeitgeberkündigungen. Nach seinem Austritt erhielt er ein Arbeitszeugnis, das jedoch unbrauchbar war. Der Arbeitgeber sprach darin von einer ungenügenden Leistung und mangelnder Belastbarkeit. Mit einem Anwaltsschreiben vom August 2019 bezeichnete der Kläger das Arbeitszeugnis als „völlig inakzeptabel und vorsätzlich schädigend“ sowie „nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend“. Nachdem der Arbeitgeber die Ausstellung eines neuen Zeugnisses abgelehnt hatte, klagte der Mitarbeiter im Oktober 2021 auf Zeugnisberichtigung.
Das Urteil: Anspruch auf Zeugnisberichtigung ist aufrecht
Das Arbeitsgericht Stuttgart wies diese Klage mit der Begründung zurück, der Berichtigungsanspruch sei nach zwei Jahren bereits erloschen (Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12. Juli 2022, 18 Ca 5712/21). Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg kam zu einem anderen Urteil. Es bejahte den Anspruch auf Zeugnisberichtigung und sprach dem Arbeitgeber unterdessen ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Arbeitszeugnisses ab. Letzterer habe den Kläger böswillig mit ungenügend beurteilt. Zudem habe der Vertriebsmitarbeiter das Arbeitszeugnis als sittenwidrig und vorsätzlich schädigend beanstandet.
Der Arbeitgeber konnte daher nicht davon ausgehen, vom Kläger nicht auf Zeugnisberichtigung verklagt zu werden. Das Einbringen der Klage nach zwei Jahren kam nicht überraschend, zumal der Kläger das Arbeitszeugnis bereits zeitnah nach der Ausstellung mit deutlichen Worten beanstandet hatte (Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 31. Mai 2023, 4 Sa 54/22).
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber ein ungenügendes Arbeitszeugnis berichtigen. Damit ein Anspruch auf Zeugnisberichtigung erlischt, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Mitarbeiter hat sein Recht auf Zeugnisberichtigung längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht, obwohl es ihm möglich war.
- Der Arbeitgeber durfte aufgrund des Mitarbeiterverhaltens darauf vertrauen, dass der Betroffene sein Berichtigungsrecht auch zukünftig nicht mehr einfordert.
Im vorliegenden Fall mangelte es am schutzwürdigen Vertrauen (zweite Voraussetzung).
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