Im Falle eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers sei auch bei einem schriftlich vereinbarten Privatnutzungsverbot nicht auszuschließen, dass der Betroffene den Firmen-PKW für Privatzwecke nutzt. Dies hat das FG Münster entschieden.
Der Fall: Alleingesellschafter-Geschäftsführer darf Firmenauto nicht privat nutzen
Die klagende GmbH vereinbarte mit dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer die Überlassung eines Dienstwagens, der allerdings nur betrieblich, nicht aber privat genutzt werden durfte. Sie nahm für das im Betriebsvermögen ausgewiesene Firmenauto eine Sonderabschreibung nach § 7g Absatz 5 und 6 EStG vor. Das Finanzamt lehnte diese Sonderabschreibung ab und ging stattdessen von einer verdeckten Gewinnausschüttung aus. Dieses Vorgehen begründete es damit, dass es weder ein Fahrtenbuch noch andere Aufzeichnungen gibt, die nachweisen, dass dieses Fahrzeug ausschließlich betrieblich genutzt wird. Das Finanzamt nahm in Hinblick auf die allfällige private Nutzung eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 4.000 Euro an (1%-Regelung). Es seien keine Maßnahmen ergriffen worden, um die Einhaltung des privaten Nutzungsverbots wirksam zu überwachen.
Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Im anschließenden Gerichtsverfahren brachte die Klägerin vor dem Finanzgericht vor, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer den Dienstwagen nicht privat genutzt habe. Sie berief sich auf eine Vereinbarung, wonach der Betroffene das Auto nach Dienstschluss auf dem Firmenparkplatz abstellen müsse. Eine „Firmenwagenbesteuerung“ sei nur dann zulässig, wenn das Unternehmen dem Arbeitnehmer ein Firmenauto tatsächlich zur Nutzung übergibt.
Das Urteil: Anscheinsbeweis spricht für private Nutzung des Dienstwagens
Das Finanzgericht Münster lehnte das Klagebegehren ab und folgte der Ansicht des Finanzamtes. Es hielt den sogenannten Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des Dienstwagens für erfüllt. Das FG berief sich dabei auf die Sonderstellung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers, aus der sich keine Interessensgegensätze zwischen der GmbH und dem Gesellschafter ergeben. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung sei anzunehmen, dass ein verfügbarer Dienst-PKW auch für Privatfahrten genutzt wird.
Zusätzlich zu einem vereinbarten privaten Nutzungsverbot müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass der Alleingesellschafter-Geschäftsführer nicht unbeschränkt auf das Firmenauto zugreifen kann. Die Klägerin konnte den Anschein für die Privatnutzung nicht entkräften, zumal es weder ein Fahrtenbuch noch andere Aufzeichnungen gebe. Demnach sei auch die Sonderabschreibung durch die Klägerin unzulässig und stattdessen eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen (Urteil des FG Münster vom 28. April 2023, Az. 10 K 1193/20 K, G, F).
Damit stellt sich das FG Münster gegen die bisherige BFH-Rechtsprechung, wonach aufgrund der Lebenserfahrung nicht davon auszugehen sei, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein vertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot nicht einhalten werde. Diese Ansicht vertrat der Bundesfinanzhof auch im Fall eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers.
Im vorliegenden Fall hielt das Finanzgericht Münster eine Privatnutzung für möglich, weil bei Nichtbeachtung des Verbots keine rechtlichen Folgen drohen. Es gebe keine Kontrollinstanz. In dieser Rechtssache ist noch die abschließende Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren ausständig (BFH I R 33/23).
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